Kettle Ponds, Eichenwälder, zwei indianische Casinos und ein U-Boot: Cape Cod bis New London

Weit sind wir zunächst nicht gekommen. Da uns die Küsten von Cape Cod so gut gefallen hatten, wollten wir nun auch das Inland mit den sogenannten «Kettle Ponds» erkunden. Kettle Pond heisst übesetzt Kessel-Teich, der deutsche, viel weniger schöne Begriff wäre Toteissee... Diese mehr oder weniger grossen, oft fast kreisrunden Gewässer entstanden da, wo der sich zurückziehende Gletscher Eisblöcke zurückgelassen hat, die dann langsam schmolzen. Diese tiefliegenden Teiche werden meist ausschliesslich von Regen- und Schnmelzwasser gespeist.

Der beste Ort, die wunderschöne, bewaldete Landschaft zu erkunden, ist der von vielen Wander- und auch Radwegen durchzogene Nickerson Statepark. Er hat 6 Campgrounds, wie üblich mit Sitzbank und Feuerring ausgestattet, WCs und einfache Duschen . Wir blieben drei Nächte und machten an den beiden Tagen jeweils über 10 km lange Wanderungen. Der sandige Boden ist mit lichten Eichenwäldern, durchzogen von einzelnen Föhren, bewachsen. In den Vertiefungen liegen Marschen, Tümpel und die Kettle Ponds, die auch diverse Buchten mit wunderschönen Sandstränden aufweisen.
Es wimmelt nur so von allen möglichen Vögeln: Endlich haben wir unseren ersten «Loon» (Prachttaucher) gesehen (am See in Maine hatten wir sie nur gehört) und konnten wilde Truthähne bewundern. Vom Strand aus konnten wir zudem fünf Truthahngeier beobachten, die sich einen Schlafbaum teilten.
Nach den Wanderungen mussten wir uns jeweils gründlich nach Zecken absuchen, da diese Lyme Disease (Borreliose) übertragen – übrigens benannt nach dem Ort Old Lyme, der gar nicht allzu weit entfernt an der Ostküste liegt… Ozy hat auch tatsächlich eine an mir gefunden und konnte sie entfernen, bevor sie angefangen hat, zu saugen.
Das Memorial Day-Wochenende rückt näher, an dem auch hier alle Campingplätze ausgebucht sind, weshalb wir am Mittwoch schweren Herzens vom Nickerson State Park Abschied nehmen.




Eigentlich wollten wir auf dem Rückweg die ganze Südküste von Cape Cod entlangfahren, wo sich die Besserbetuchten ihre Villen hingebaut haben (Hyannis war z.B. der «Stützpunkt» des Kennedy-Clans).
In Chatham, Yarmouth und Hyannis sehen wir tatsächlich viele gepflegte Gärten und schöne Häuser, die oft in der typischen Cape Cod-Architektur – holzgeschindeltes silbergrau, eingefasst von weissen Leisten an den Ecken und um die Fenster und Türen – erbaut sind.
Doch dann haben wir die Nase vom dichten und mühsamen Verkehr und den vielen Baustellen und Umleitungen dermassen satt, dass wir wieder auf den Highway 6 und von da via Sagamore Brücke über den Cape Cod-Kanal aufs Festland fahren.
Wir haben uns nun doch entschlossen, nach New York zu fahren, und haben von Donnerstag für eine Woche noch den letzten Platz auf dem Liberty Harbor RV Park in NJ erwischt. So geht es nun auf der Interstate 195 via Providence RI (erwartungsgemäss viiieel Verkehr) Richtung Westen bzw. Südwesten.
Nördlich von New London übernachten wir (gratis) auf dem RV Parkplatz des Mohegan Sun Casinos hoch über dem Thames River. Dieses Casino und das naheliegende Foxwoods liegen beide in Indianerreservaten (ersteres der Mashantucket Pequot, letzteres der Mohegans). Der Platz hat zwar keine Infrastruktur, ist aber dafür sehr sicher: wenn man hier stehen will, muss man sich bei der Security des Casinos anmelden, die auch immer wieder den Platz kontrolliert. Vom Parkplatz fährt im Viertelstundentakt – und das 24/7! – ein Shuttle-Bus zum Casino. Nachdem wir im Camper gemütlich gegessen haben, lassen wir uns die Gelegenheit nicht entgehen, einen Blick ins riesige Casino zu werfen. Die Architektur (und auch der benachbarten Tankstelle) ist vom indianischen Erbe beeinflusst und es gibt auch eine ganz kleine Ausstellung zu den Mohegans und ihrer ehemaligen Lebensweise. Die Mohegans (bekannt aus dem Roman «Der Letze Mohikaner», wobei Cooper sie vermutlich mit den Mahicans verwechselt hat) haben sich früh mit den Engländern verbündet und komplett assimiliert. Die letzte «native speaker» starb Anfang des 20. Jahrhunderts, doch bemühten sich die Nachfahren der Mohegans um die Bewahrung bzw. das Wiederauflebenlassen der Sitten und Bräuche und erhielten in den 90er Jahren die staatliche Anerkennung als Stamm und ein Reservat (mit eigener Gesetzgebung, Feuerwehr etc.). Der deutsche Wiki-Artikel zur Geschichte des Stammes ist übrigens sehr ausführlich, während der englische Eintrag nur sehr kurz und oberflächlich daherkommt.





Am nächsten Tag gucken wir uns in Groton bei New London die «Nautilus», das erste atomgetriebene U-Boot der Amerikaner, sowie die interessante Ausstellung im zugehörigen Museum an. Groton ist bis heute der wichtigste U-Boot Stützpunkt der Amerikaner am Atlantik, Bau und Forschung sind hier konzentriert und das Gelände ist gigantisch gross.
Nach dem Besuch des U-Bootstützpunkts in Groton stürzen wir uns wieder in den Verkehr, der immer dichter wird. Zwischenzeitlich können wir auf den Merritt Parkway ausweichen, der seinem Namen alle Ehre macht. Der zwischen 1938 und 1940 angelegte Parkway ist einer der ältesten seiner Art und wunderschön angelegt. Er wird immer wieder von historischen Brücken überspannt, die jedoch sehr niedrig sind, weshalb wir ihn nach einiger Zeit leider verlassen müssen. Wir möchten gerne einen anderen Parkway in der Region fahren, denn abgesehen davon, dass sie sehr schön angelegt sind, sind diese Strassen auch für Trucks und «commercial vehicles» gesperrt und haben deshalb etwas weniger Verkehr. Aber leider darf der nächste Parkway dann auch nicht von RVs benutzt werden…

Nachdem wir uns – dann auch noch bei einem starken Gewitter – auf der Interstate durch die Bronx, über die doppelstöckige George Washington-Brücke und durch das Labyrinth der Strassen in Jersey City gekämpft haben – der Verkehr hier ist ein echter Alptraum – langen wir endlich auf dem Liberty Harbor RV Park an.
Der Preis ist mit 110 $ pro Nacht (über das Memorial Day Weekend sogar 120 $) eigentlich über unserem Reisebudget, aber unsere Freunde versichern uns, dass er so nahe an Manhattan – und mit toller Aussicht über den Hudson zur Skyline – geradezu ein Schnäppchen sei.


Der RV Park ist wirklich nur ein Parkplatz, angegliedert an eine Marina, weshalb auch immer mal wieder der grosse Bootskran vorbeirattert. Übers Wochenende wird es auch in der Nacht laut, weil die Jugend von New Jersey auf dem angrenzenden grossen Parkplatz bei voll aufgedrehtem Radio und unter gelegentlichem Hupen ihre Boliden spazieren fährt.
Aber der Platz ist sicher, mit heissen Duschen und auch guten Waschmaschinen und Trocknern ausgestattet und liegt wie gesagt in vernünftiger Distanz zu Manhattan und den entsprechenden ÖV (PATH-Zug mit Anschluss zur Metro und diverse Fähren). Und die Aussicht ist wirklich kaum zu überbieten...

Wir treffen hier auch auf Bettina und Marco, ehemalige Panamericana-Reisende. Sie waren jetzt mit ihren zwei Kindern ein paar Wochen im Miet-Wohnmobil unterwegs und sind gerade auf dem Rückweg nach Boston und von da aus wieder nachhause. Wir schwatzen am Abend und am Morgen und sie sind so lieb und schenken uns Lebensmittel und andere Dinge, die sie nun nicht mehr brauchen. - An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank!
