Meer, Wind, Wolken und gute Gesellschaft – Durch Washington State zu unserem Freund Don

Meer, Wind, Wolken und gute Gesellschaft – Durch Washington State zu unserem Freund Don

Wir verlassen Oregon über die beeindruckende Astoria-Megler-Bridge und möchten nun zuerst einmal wieder frische Meeresluft schnuppern. Wir folgen deshalb der Küste und gelangen durch hübsche Orte zum kleinen Cranberry Oba Statepark, der sozusagen nur aus einem Parkplatz und einem Plumpsklo besteht, und nahe am Meer liegt. Den angrenzenden, unendlich langen Strand darf man tagsüber auch mit dem Auto befahren. Das wilde Meer, der lange Strand und die wunderbaren Lichtstimmungen verzaubern uns dermassen, dass wir gleich zwei Nächte bleiben.


Entlang der schönen und abwechslungsreichen Küste, die aus einer Mischung aus Teichen, Bächen, Gezeitentümpeln, Wäldern, Austernzuchten und kleinen Farmen besteht, fahren wir nach Aberdeen.

Der Ort wirkt eher etwas heruntergekommen, aber als Hafenstadt ist er Standort eines Büros der U.S. Customs and Border Protection. Da sich abzeichnet, dass die Kanadier die Grenze nicht vor dem 21. Juli aufmachen werden und unser I-94 am 13. Juli abläuft, möchten wir uns hier nach den Möglichkeiten betreffend einer Aufenthaltsverlängerung erkundigen.


Wir gehen also mit Masken bewehrt ins Stadthaus (in Washington ist staatsweite Maskenpflicht), wo sich auch das Büro der CBP befindet. Es stellt sich als nicht ganz einfach heraus, Kontakt aufzunehmen (der direkte Zugang ist wegen Corona abgesperrt), aber dank eines freundlichen Wachmanns bekommen wir endlich die richtige Telefonnummer und dann einen Termin am nächsten Morgen.

Auch in dieser Gegend ist es wieder sehr schwer, einen bezahlbaren Übernachtungsplatz zu finden (alle Waldstrassen sind mit Barrieren abgesperrt, der Strand ist nicht zugänglich und campieren im Statepark kostet zwischen 27 und 37 $…).
Beim Quinault Beach Resort und Casino dürfen wir aber wieder eine Nacht frei stehenbleiben (wir müssen uns dafür im Casino an der Rezeption anmelden, wofür die Temperatur beim Eingang sogar automatisch gemessen wird).  Am Abend machen wir einen Spaziergang durch die Dünen zum Strand entlang und geniessen noch einmal den frischen (und sehr kräftigen) Meereswind.


Am nächsten Morgen finden wir uns mit bangem Herzen im Büro der Customs and Border Protection ein. Die Beamtin ist sehr nett und verständnisvoll und telefoniert sogar noch für uns, kann uns aber keine Verlängerung geben (unser I-94 ist ja auch noch nicht abgelaufen…). Also bleibt wohl nur noch ein Verlängerungs-Antrag…

Zuerst fahren wir aber in Richtung Seattle zu unserem Freund Don, der uns im April eingeladen hatte, ihn doch zuhause zu besuchen.
Eine Nacht verbringen wir noch im Capitol State Forest, inmitten einer Blumenwiese – und mit dem Knallen von Schusswaffen rundherum.


Kurz bevor wir Don erreichen, werden wir von einer begeisterten Menge empfangen, die Spalier steht und mit Fähnchen winkt. Wir freuen uns über den tollen Empfang, der aber natürlich nicht uns gilt, sondern den Absolventen der Abschlussklasse, die in dekorierten Autos herumfahren und sich feiern lassen. Nichtsdestotrotz werden auch wir freudig bejubelt und es wird uns fröhlich zugewunken. Nun haben wir einen kleinen Eindruck bekommen, wie sich die Queen oder andere Berühmtheiten wohl fühlen… 🙂


Endlich erreichen wir Dons Haus. Wir freuen uns sehr, unseren lieben Freund wiederzutreffen!
Aus ein paar Tagen Aufenthalt werden auch hier schliesslich wieder ein paar Wochen; dreieinhalb, um genau zu sein… Das liegt einerseits an einem Ersatzteil für meine Anti-Schlafapnoe-Schiene, das wegen dem 4. Juli etwas länger braucht, andererseits daran, dass wir uns bei Don einfach unglaublich wohl fühlen!
Wir schlafen in unserem Häuschen, das wir im Carport parken können und dürfen Dons Gäste-Badezimmer mit Dusche und sein wunderschönes Heim benutzen, das sein Bruder für ihn gebaut hat.

Wenn wir nicht ab und zu die Medien konsultieren würden, bekämen wir in dieser friedlichen Nachbarschaft überhaupt nicht mit, was «draussen» so vor sich geht (die BLM-Demonstrationen erreichen ihren Höhepunkt und die im nahegelegenen Seattle entstandene anarchistische Autonome Zone (CHOP) wird Anfang Juli geräumt).

Ich mache in dieser Zeit nicht nur das übliche Büro, Fotobearbeitung und einen neuen Blogeintrag, sondern beschäftige mich vor allem auch mehrere Tage mit dem Antrag auf Verlängerung unseres Aufenthaltsstatus‘ (I-539). Dieser besteht aus einem längeren Formular, dem ein «Written Statement» und «Proofs» beigefügt werden müssen, die belegen, dass man in den USA bleiben muss und kann. Und das alles separat für Ozy und mich, weil der Antrag online nur jeweils für eine Person ausgefüllt werden kann… – uff!!!
Ozy beschäftigt sich derweil wieder intensiv mit unserem fahrbaren Untersatz (allgemeine Wartungsarbeiten sowie Filter für die Servolenkung einbauen und Getriebe-Drehzahl-Sensor auswechseln) und hilft auch Don beim einen oder anderen technisch-mechanischen Problem.
Als ich mit dem Büro einigermassen nach bin, kommt noch die intensive Innenreinigung unseres Häuschens dran (nach dem Motto «einmal pro Halbjahr, ob’s nötig ist oder nicht» 😉 ). Alle Schubladen und Sitzbänke werden ausgeräumt und gereinigt und ich mache endlich einmal eine Liste aller Vorräte und deren Lagerort.


Wir arbeiten aber natürlich nicht nur, sondern dürfen Dons Familie und einige seiner lieben Freunde kennenlernen, die wir teilweise auch an ihrem Wohnort besuchen. Wir werden von allen nach Strich und Faden mit frischen Erdbeeren, selbstgemachter Erdbeerkonfi, Salat und Gemüse, Wein, Käse und frischgebackenen Snickerdoodle-Cookies sowie guten Tipps für unsere weitere Reise verwöhnt.


Don führt uns zwischendurch auch in die Geheimnisse der – heute nicht mehr gebräuchlichen – elektromechanischen Slot-Machines ein und zeigt uns Tacoma und Umgebung, wo er aufgewachsen ist. Wenn er keine Zeit hat, leiht er uns sogar sein Auto für Einkäufe und Erkundungsfahrten.


Da das Wetter die meiste Zeit eher kalt und grau ist – nach Don beginnt der Sommer in Washington (frühestens…) am 5. Juli –, beschränken sich unsere Ausflüge allerdings auf den Versuch, Cape Flattery zu besuchen. Die Landspitze zeichnet sich nicht nur durch interessante Felsformationen im Meer aus, sondern ist auch auch der nordwestlichste Punkt der Lower 48 States. Leider ziehen bald dunkle, tiefhängende Wolken auf (nicht umsonst gibt es an der Westküste Gemässigten Regenwald…) und ein Checkpoint versperrt uns den Weg – die ganze Landspitze gehört zum Makah Tribe, der wegen des Coronavirus derzeit nur Stammesangehörige auf ihr Gebiet lässt… Wir kehren also unverrichteter Dinge um (der Weg ist das Ziel und er ist ein langer gewesen) und trösten uns auf dem Heimweg mit einem exzellenten Seafood-Dinner, bestehend aus Hot Crab Dip, Clam Chowder, Smoked Salmon Pasta bzw. gegrillte Garnelen im «Downriggers» direkt am Hafen von Port Angeles.


Wir kochen auch zusammen und füreinander. Don hat einen tollen Pellet-Grill, der bereits «einfache Hamburger» zu einem ganz besonderen Geschmackserlebnis werden lässt und natürlich auch die Drumsticks, Spareribs oder Steaks, die Don für uns brät. Wir revanchieren uns wieder mit Schweizer Gerichten (Ozy konnte sogar einen viertel Laib Raclettekäse via Amazon zu Don bestellen) und verbringen viele schöne Abende mit angeregten Diskussionen und lesen.
Den Höhepunkt jeden Tages bildet jeweils ein Flipper-Tournier zwischen mir und Don auf seinem wunderschönen Wizard!-Flipperkasten aus den 70er Jahren. Mit viel Trainieren schaffe ich es ganz am Schluss sogar, ihn einmal zu besiegen!


Schweren Herzens nehmen wir am Mittag des 16. Juli von unserem Freund Don Abschied. Es war eine wunderschöne Zeit, die wir mit ihm verbringen durften und wir haben sehr viel voneinander gelernt. Wir hoffen, dass wir ihn bald wieder einmal treffen werden, sei es auf einem seiner Trips oder wieder bei ihm zuhause!

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