Mit Freunden ist alles leichter – Selbst-Quarantäne in Las Vegas und auf der Mojave Road
In memoriam Xaver Steiner (12.4.1938 – 8.4.2020)
Nachdem uns Gino Richtung Schweiz verlassen hat, besuchen wir am 4. März erneut unsere Freunde Vicki und Steven in North Las Vegas. Ozy hat einen Termin in einer Garage abgemacht, um die Achsübersetzung anpassen zu lassen, da die originale Übersetzung mit den nochmal grösseren Reifen einfach zu schlecht gepasst hatte. Die benötigten Teile konnte er bereits vorgängig zu unseren Freunden schicken, wo sie auf uns warteten.
Wir dürfen wieder das Gästezimmer in ihrem schönen Haus in Anspruch nehmen und Steven und Vicki verwöhnen uns am Wochenende wieder mit einer Bootsfahrt. Diesmal geht es von Calville Bay aus bis hinauf in den Lake Mead und hinunter zum Hoover Dam. Es ist ein wunderschöner Tag auf dem Wasser, auch wenn es vor allem zu Beginn kräftig stürmt und uns Petrus bei unseren Fischversuchen nicht sehr «heil» ist… Dafür ist die Landschaft um den Boulder Canyon mit seinen Seitencanyons umso beeindruckender.
Während wir in der folgenden Woche darauf warten, dass die neue Achsübersetzung eingebaut wird, häufen sich auch hier die Nachrichten und Anzeichen betreffend Coronavirus – zum Beispiel werden auch hier plötzlich gewisse Produkte wie Desinfektionsmittel, Wasser, Pasta, Reis, Bohnen und diverse Büchsen-Gerichte Mangelware (und ja, auch in den USA scheint WC-Papier offenbar als Allheilmittel gegen das Virus angeschaut zu werden…). Bald erfahren wir auch, dass die Einreise in die USA von Europa her ab dem 13. März für mindestens 30 Tage gesperrt wird. Das stürzt mich dann erstmal in ein Dilemma, denn noch wurde die EMYA-Konferenz noch nicht abgesagt… (dies wird dann am 18. März der Fall sein; zum Glück hatte ich die Flüge noch nicht gebucht…).
Alles in allem sind wir aber wieder einmal beeindruckt, wie gut organisiert alles vor sich geht und wie schnell sich viele Geschäfte zu helfen wissen. Sehr bald werden besonders gesuchte Güter – darunter auch Milch und Eier sowie Hackfleisch – rationiert, 1 Packung pro Einkauf. Zum Schutz der Rentner führen die meisten Läden gewisse Zeiten und/oder Kassen ein, die für diese besonders gefährdete Gruppe reserviert sind. Der Zugang zu den Läden wird beschränkt und durch Paletten etc. eine Wartelinie abgetrennt, wo man sich physisch nicht zu nahe kommt. Die Einkaufswagen werden teils vor den Augen der Kundschaft desinfiziert und es stehen Desinfektionsmittel für die Hände bereit.
Neben den üblichen «Grocery Stores» werden hier, anders als in der Schweiz, auch Läden als «essentiell» angesehen, die Werkzeuge und Zubehör fürs Auto oder für Heim und Garten anbieten… Viele Restaurants behelfen sich, indem sie nun (auch) einen Heimlieferdienst und/oder ein Take-Out anbieten.
Was uns angeht, hatten wir in dieser unsicheren Anfangsphase das riesige Glück, dass wir bei Vicki und Steven verbringen durften, wo wir dank Internet und Fernsehen die Geschehnisse mitverfolgen konnten.
Am 10. März hatten sich Vicki und ich – eher zufällig – noch die Haare schneiden lassen (Supercuts für 16 $!) und am 15. März konnten wir alle zusammen noch einen sehr schönen Abend mit exzellentem Essen im Texas Roadhouse geniessen und in der folgenden Woche wurde das In-Dining in den Restaurants dann bereits verboten (Drive-Thru und Take-Out bleiben weiter offen).
Ursprünglich wollten wir nur so lange bleiben, bis das Auto aus der Garage zurück ist, aber dann wurde es doch wieder länger… (nochmals vielen herzlichen Dank für Eure liebe Gastfreundschaft, Vicki und Steven!!!).
Ozy hatte einen GSM-Repeater bestellt, der die Mobilfunksignale für unser Google Fi verstärkt (wichtig für uns, die wir meist in eher abgelegenen Gegenden unterwegs sind…). Aber wegen der sich schnell entwickelnden Corona-Geschichte verzögert sich die Lieferung schliesslich um mehrere Tage. Diese nutzt Ozy für kleinere Servicearbeiten und vor allem auch, um unser Gefährt wieder einmal zu polieren, dessen Oberflächen bei unseren Ausflügen im Süden Arizonas doch stark gelitten hatten…
Immerhin können wir uns wenigstens ein kleines bisschen revanchieren, indem wir das Haus und die beiden Hunde Penny und Sheeba hüten, während Vicki und Steven mit der 14jährigen Zoey, der es leider gesundheitlich nicht gut geht, ein friedliches, verlängertes Wochenende in Emerald Cove bei Parker geniessen können, und Ozy zwischendurch mit und für Vicki einkaufen geht.
Nach einem feinen Znacht mit angelieferter Pizza fahren wir am nächsten Morgen, 18. März, wieder los. Wir planen, uns ins Saline Valley zu den heissen Quellen zurückziehen. Der Ort ist so abgelegen, dass wir uns dort prima für ein paar Wochen in die «Quarantäne» zurückziehen können
– denken wir…
Noch am gleichen Tag erfahren wir, dass Ozys Mutter Rosmarie mit COVID-19 ins Spital eingeliefert wurde. Auch sein Vater wird positiv auf Corona getestet, bleibt aber vorerst – wie die ganze Familie – Zuhause in Quarantäne.
Nach dieser Nachricht und den sich überschlagenden Berichten aus Europa, den USA und der ganzen Welt denken wir lange darüber nach, was wir tun sollen.
Es ist klar, dass wir vorerst nicht wie geplant Richtung Alaska fahren können (mittlerweile sind auch die Grenzen zwischen den USA und Kanada gesperrt und in mehreren Bundesstaaten ist eine «stay-at-home-order» in Kraft, die «unnötiges Reisen» verhindern soll) und wir möchten in dieser Zeit auch gerne für die Familie da sein. Sollen wir also unser Auto in einer Storage einstellen (obwohl nicht ganz legal, da «personal belonging») und zurückfliegen?
– Aber was dann?
Noch ist nicht abzusehen, wann die Grenze wieder aufgeht und wir zurück können. Wir haben in der Schweiz keine Wohnung mehr und auf unbestimmte Zeit «Couch-Surfen» kommt – besonders in dieser Situation – nicht in Frage. Das letzte, was wir wollen, ist, zu einer zusätzlichen Belastung für unsere Familie und Freunde zu werden.
Es ist eine harte Entscheidung, vor allem, weil wir uns schon so darauf gefreut hatten, unsere Lieben und lieben Freunde anlässlich des geplanten Heimurlaubs Ende April/Mai wiederzusehen. Aber es erscheint uns das Beste, vorerst noch hier im Südwesten der USA zu bleiben, wo einerseits die Versorgung gut funktioniert und es andererseits genug einsame Plätze auf öffentlichem BLM-Land gibt, um die Social Distancing-Anforderungen und die «Stay-at-Home-Order» zu wahren. – Rein technisch gesehen sind wir mit unserem «Dihei» ja immer zuhause… :-/
Wir bleiben zunächst einmal zwei Nächte «im Nichts», auf BLM-Land in der Nähe der Amargosa Dunes, wo wir gutes Internet haben und Kontakt mit der Familie halten können. Es scheint, dass Rosmarie wieder in Ordnung kommt, was uns sehr erleichtert.
Nicht nur in Las Vegas, sondern auch hier haben wir immer wieder Regenschauer (und wir dachten, wir seien in der Wüste), erleben dafür aber auch wunderbare Lichtstimmungen.
Nach unserem Aufenthalt bei den Amargosa Dunes fahren wir via Beatty, NV um den Death Valley NP herum nach Bishop, CA. Das Wetter ist heute nicht anders als «garstig» zu bezeichnen – graue Wolken dräuen und überall sehen wir dicke Regenschleier und verschneite Berge. Ein Lichtblick ist allerdings eine kleine Herde von Pronghorn-Antilopen, die sich genauso für uns wie wir für sie zu interessieren scheinen.
In Bishop bekommen wir erstaunlicherweise fast alles, was wir brauchen. Bei den Frischprodukten wie Früchte, Gemüse oder Fleisch sieht es aus wie sonst. Pasta finden wir allerdings nur noch in der Koscher-Abteilung, dort dafür mehr als reichlich (Krisen können auch zu Entdeckungen führen – wir sind so begeistert von den Manischewitz-Eiernudeln, dass wir sie auch in Zukunft kaufen werden!). WC-Papier und Reinigungsmittel, die wir gerne zur Aufstockung der allgemeinen Vorräte im Saline Valley mitgenommen hätten (die Quellen und das Plumpsklo werden hier von allen gemeinsam gepflegt), sind allerdings ausverkauft.
Nachdem wir bei der Tankstelle auch den Wassertank gefüllt haben, fahren wir bei Minustemperaturen im leichten Schneetreiben über den North Pass. Der Weg ist lang und es ist schon dunkel als wir endlich ankommen. Wir stellen uns einfach mal hin, weil wir nichts sehen und die bereits Anwesenden ja auch nicht stören wollen. Und schliesslich können wir uns ja dann morgen gemütlich einen Platz suche, da wir ja nun für die nächsten drei bis vier Wochen hier bleiben (wie wir dachten…).
Vor fast genau einem Monat waren wir mit Gino hier und konnten die heissen Quellen noch ganz unbeschwert geniessen. Wie anders sind doch jetzt die Vorzeichen!
Es hat etwas mehr Leute hier als das letzte Mal, aber es ist nicht überlaufen und wir dürfen wieder neue interessante und nette Menschen kennenlernen. Mir hat es besonders Wayne angetan, der jeden Morgen auf seiner Native Indian Flute mit dem Zuni Sunrise Song die Sonne begrüsst und mir seine Noten zum Kopieren und viele Tipps gibt.
Bevor wir am Morgen dazukommen, uns einen neuen Platz zu suchen, kommen zwei Schweizer Paare im Landrover bzw. Hilux angefahren! Was für eine nette Überraschung. Sie hatten uns gestern Nacht heranfahren gehört und gesehen und stoppen jetzt auf dem Weg zum Steel Pass, um «Hallo» zu sagen. Marion und Fabian (www.ufweg.ch) und Valentina und Martin und wir schwatzen und lachen zusammen und die Zeit vergeht so schnell, dass es für sie zu spät wird, um aufzubrechen. Sie bleiben schliesslich noch zwei Nächte da. Wir haben eine tolle Zeit zusammen und sind richtig traurig, als sie dann abfahren.
Statt der vorgesehenen Route über den Steel Pass verlassen sie das Tal dann über den South Pass, weil ersterer vor allem der Dedeckera Canyon kurz vor dem Eureka Valley sehr schwierig zu fahren ist und bei den momentanen Wetterverhältnissen nicht angeraten erscheint.
Am 23. März werden Zettel aufgehängt, dass die Pools geschlossen seien, weil das Social Distancing nicht gewährleistet sei. Die Pools der unteren Quellen werden entleert. Hier wohnt auch der halb-offizielle Camp-Host Lizard Lee, der schon lange hier war, bevor es den Nationalpark gab und der vom Nationalparkservice sozusagen «übernommen» wurde. In den oberen Quellen kümmert sich aber niemand darum, weil alle schon lange in «Wüstenquarantäne» und die Pools (im Gegensatz zu denen in der unteren Quelle) unserer aller Ansicht nach auch gross genug sind, dass man sich nicht zu nahe kommt. Ausserdem werden die Pools und das Plumpsklo von den Anwesenden sowieso jeden Tag geputzt, auch ohne Virus.
Es hätte das Paradies sein können. Aber wie schon im Paradies sind auch hier die Tage gezählt. «Das Böse» erscheint hier in Gestalt von eines vermutlich nicht nur alkoholbedingt, sondern auch mental angeschlagenen Typs, der an der unteren Quelle campiert. Nachdem diese geschlossen wurde, fährt er mit seinem Fahrrad zur oberen Quelle und beschimpft die folgenden zwei Tage lang die Anwesenden aufs Übelste. Seiner Meinung nach sind wir alle Schuld am Corona-Virus, böse und unverantwortlich, weil wir uns an der Wüste und den heissen Quellen erfreuen, während ausserhalb des Tales die Welt untergeht. Der sanfte Hinweis, dass wir hier Selbst-Quarantäne üben und es keinen Sinn macht, wenn eine Gruppe (noch) gesunder Menschen in die Zivilisation mit grosser Ansteckungsgefahr zurückkehrt, interessiert in nicht. Aber er ist sowieso nicht zu beschwichtigen und weder ruhiges, vernünftiges Argumentieren noch Ignorieren helfen. Schliesslich bringt er das Fass zum Überlaufen, als er vor aller Augen in die Hauptquelle, die die beiden Pools speist, hineinpinkelt. Ein paar der jüngeren Gäste verlieren die Nerven. Einer tritt ihn vor die Brust, die anderen werfen sein Fahrrad ins Gebüsch und schliesslich wird er vom Platz vertrieben, wobei ihm einige noch ein paar Steine hinterherwerfen. Was dann kommt, ist klar: er beklagt bei der Polizei, worauf am nächsten Tag zwei Ranger auf dem Platz auftauchen, um – teils im Einzelverhör – den «Assault» zu untersuchen. Natürlich hat niemand etwas gesehen, aber der Schaden ist angerichtet. Ab morgen, 11 Uhr, sind die Quellen in einem Umkreis von 1 Meile gesperrt. Die Ranger versuchen uns zu trösten, dass «dispersed camping» ausserhalb dieses Radius weiterhin gestattet sei, aber ohne die Quellen und die wunderbare Dusche macht es keinen Sinn, hierzubleiben.
Statt mehrere Wochen konnten wir nicht einmal sechs Tage hier sein!
Da unsere Google Fi SIM-Karte auf dem Weg ins Saline Valley den Geist aufgegeben und Ozy einen Ersatz zu Vicki und Steven nach Las Vegas bestellt hatte, geht es nun halt wieder zurück. (Mit Hilfe von anderen, die dank unserem neuen Signalverstärker Empfang hatten, konnte Ozy die Sache mit dem Kundendienst klären und die neue SIM-Karte organisieren. Wenigstens etwas, das funktioniert…).
Zum ersten Mal verlassen wir das Saline Valley über den South Pass und sehen nochmals in umgekehrter Richtung, was wir mit Gino vor einem Monat gefahren waren.
Wir sind in Kontakt mit den «Ufwegs» Fabian und Marion, die wir im Saline Valley und den «Dubus» Claudia und Thomas, die wir in Tucson kennengelernt hatten. Sie alle sind in der Gegend um Las Vegas unterwegs. Wir machen einen Abstecher zu einer öffentlichen heissen Quelle bei Tecopah, finden den Ort aber nicht besonders toll (und der Pool ist WINZIG! – Ok, wir sind vom Saline Valley her natürlich extrem verwöhnt…).
Wir fahren deshalb weiter und finden ein Plätzchen auf BLM-Land am Old Spanish Trail, westlich der Stadt, wo wir zu sechst (!) einen gemütlichen Abend in unserem «Häuschen» verbringen. Nur die Themen sind leider nicht so gemütlich, drehen sich doch die meisten Gespräche um die derzeitige Situation mit dem Coronavirus. Claudia wurde nach einem Besuch im Ausland fast nicht mehr in die USA zu ihrem Mann gelassen, die I-94s von allen laufen Anfang bzw. Ende April aus und die aktuelle Erkundigung von Fabian und Marion am Flughafen in Las Vegas betreffend eine mögliche Verlängerung des Aufenthalts hat kein Ergebnis gebracht (sie waren noch «zu früh»). Claudia und Thomas beschliessen, das Auto in einer Storage einzustellen und nachhause zu fliegen und auch Fabian und Marion entschliessen sich dann für diese Lösung. Im Gegensatz zu den «Dubus», die in zwei Tagen abreisen, geht der Flug von «Ufwegs» aber erst am 8. April, weshalb wir ihnen vorschlagen, in der verbleibenden Zeit die Mojave Road zu fahren, die uns mit Gino so gut gefallen hatte.
Der Lichtblick ist, dass Ozys 83-järige Mutter Rosmarie am 27. März als vom Corona-Virus geheilt aus dem Spital entlassen wurde. Wir sind so froh und erleichtert, auch wenn Ozys Vater Xaver wohl immer noch nicht auf dem Damm ist.
Am nächsten Tag dann der Schock: Rosmarie ist kaum wieder zuhause, da muss Xaver einrücken, weil es ihm immer schlechter geht. Trotzdem machen wir uns momentan keine allzu grosse Sorgen, haben wir doch in der Euphorie nach Rosmaries Rückkehr aus dem Spital die Hoffnung, dass auch er bald wieder gesund wird.
Wir machen nun also nochmals einen Abstecher zu Steven und Vicki nach North Las Vegas, um unsere neue Google Fi SIM-Karte abzuholen. Downtown Las Vegas wirkt sogar von der – im Vergleich sehr wenig befahrenen – Interstate aus gesehen irgendwie gespenstisch, auch wenn jedes Casino auf seinen Werbebildschirmen tröstende Nachrichten verbreitet.
Steven ist heute ausnahmsweise zuhause und wir ergreifen die Gelegenheit, zusammen ein frühes Pizza-Nachtessen zu geniessen. Danach treffen wir uns ausserhalb der Stadt mit «Dubus» und «Ufwegs» auf einem – möglicherweise nicht ganz legalen – Platz auf BLM-Land vor der Stadt zum Übernachten.
Claudia und Thomas verlassen uns am Morgen leider, um heimzufliegen. Bevor wir mit Fabian und Marion auf die Mojave Road starten, wollen wir in einer – wie sich herausstellt – nicht ganz so einsamen Bucht am Colorado übernachten. Da die Lake Mead National Recreation Area wegen Corona weiträumig abgesperrt ist (obwohl der Colorado und die Seen offiziell mit Booten befahren werden dürfen…), müssen wir halt nochmals durch Las Vegas durch.
Mitten in der Wüste zweigt dann eine Dirt Road von der US-95 ab. Die Strasse führt zunächst entlang von Strommasten über eine weite Ebene stetig aufwärts. Nach einem kleinen Pass über die Eldorado Mountains windet sich die «Aztec Wash Road» spektakulär über 1000 Höhenmeter hinunter an den Fluss. Die Strasse verdankt ihre Existenz nur den Strommasten, die von diesem Zubringer aus gewartet werden. Wir geniessen nicht nur die herrliche Aussicht über die Canyon-Landschaft, sondern vor allem auch die unglaublich vielen und vielfältigen Blumen, die hier in allen Farben blühen! Am auffälligsten sind neben den in leuchtend gelben Schöpfen über der eigentlichen Pflanze schwebenden Blüten des Brittlebush (Encelia farinosa), die tiefroten, tatsächlich etwas an Pinsel erinnernden Indian Paintbrush (Castilleja) und die grossen, pinken Blüten der Beavertail Cactus (Opuntia basilaris). Der viele Regen im letzten Herbst und die erneuten Niederschläge der letzten Wochen scheinen zu einer «Superbloom» zu führen!
Die Zufahrt zur Lake Mead Ntl Recreation Area ist gesperrt Neugieriger Eselhase Aztec Wash Road zum Colorado Blick auf den Colorado Teils recht spektakulär angelegte Strasse Blumen, wohin man blickt! Indian Paintbrush Eine Lupine (oder so) Beavertail Cactus Auch hier gibt’s den „Jump-on-you cactus“… Burro-Mutter mit Kleinem inmitten blühender Brittlebush
Mitten auf der steilen, kurvigen Strecke bemerkt Ozy, dass die Lenkung immer schwerer geht. Schliesslich hält er an und stellt fest, dass Servolenkungs-Flüssigkeit austritt! Mist! Ausgerechnet hier! Und natürlich kommt auch noch genau jetzt ein Jeep von unten herauf! (Übrigens der einzige Gegenverkehr vorher und nachher… – Murphy’s Law…).
Ozy schafft es, das Auto auf eine schmale Ausbuchtung an der steil abfallenden Hangkante zu manövrieren. Nachdem das System abgekühlt ist, zeigt sich, dass der Schlauch des Rücklaufs durchgescheuert ist (vermutlich ein alter Schaden, der entstand, bevor der Motorblock neu gelagert wurde). Zum Glück ist das Loch nahe an der Verbindungsstelle und der Schlauch lang genug, so dass Ozy das Problem durch Abschneiden der defekten Stelle elegant beheben kann. Zum Glück! Ohne weitere Zwischenfälle erreichen wir dann die Bucht, die leider schon von zwei separaten Gruppen/Familien «besetzt» ist. Und ich meine besetzt, denn kaum hat eine Gruppe ihre Kayaks aufgeladen, stellt die zweite Gruppe völlig sinnlos ihr eigenes Auto quer an den kleinen Strand…
Nachdem auch Fabian und Mario genau zum Sonnenuntergang zu uns gestossen sind, geniessen wir zu viert einen spektakulären Sonnenuntergang und einen wohlverdient ruhigen Abend.
Am nächsten Morgen geht es wieder gute zwei Stunden den Berg hoch, zurück auf die Hauptstrasse, wobei wir uns erneut an der Blumenpracht freuen und unsere erste Wüstenschildkröte zu Gesicht bekommen!
Unten im Tal hatten wir kein Netz und als wir wieder «auftauchen», sehen wir, dass Ozys Bruder versucht hat, anzurufen. Wir rufen zurück und erhalten die Nachricht, dass Ozys Vater gemäss Prognose der behandelnden Ärztin nicht überleben wird. Sie gibt ihm noch ein bis zwei Tage.
Wir sind tief geschockt, hatten wir uns doch nach den Sorgen um Rosmarie und der Erleichterung über ihre Genesung der glücklichen Illusion hingegeben, dass es auch mit Xaver «wieder gut kommt».
Kurz danach erreichen wir Bullhead City, wo wir sowieso alle tanken wollten. Wir nutzen den Stopp, um Xaver anzurufen (was gar nicht so einfach ist, da es in der Schweiz kurz nach 21 h und damit die «offizielle Besuchszeit» zu Ende ist). Dank des freundlichen und verständnisvollen Krankenhauspersonals können wir aber doch mit ihm sprechen. Es ist der schlimmste Telefonanruf unseres Lebens. Und trotzdem irgendwie tröstlich. Wir können uns voneinander verabschieden und unser lieber Vater Xaver wirkt so ruhig, gefasst und im Frieden mit sich und der Welt. Wir haben den Eindruck, dass er bereit ist, zu gehen.
Fabian und Marion sind unglaublich lieb und verständnisvoll und ein grosser Trost. Wir hatten so ein Glück, dass sie bei uns sind! Wir überlegen natürlich sofort, ob wir versuchen sollen, einen Flug zu buchen. Bei den jetzigen Fristen würden wir aber nicht mehr rechtzeitig nachhause kommen. Und sogar wenn, könnten wir Xaver wegen der Corona-Vorschriften womöglich nicht einmal besuchen. Ich glaube, das ist das schlimmste an der ganzen Sache. Die Betroffenen – sowohl Kranke als auch Gesunde – dürfen ihre Liebsten nicht bei sich haben und müssen es ganz allein durchstehen.
Nachdem wir uns wieder einigermassen gefasst haben, setzen wir den Weg fort und biegen wenig später auf die Mojave Road ein. Im Gegensatz zum ersten Mal vor rund einem Monat hat es jetzt noch mehr Blumen. Ganze Teppiche von winzig kleinen violetten Blüten bedecken nun den ansonsten trockenen Kies des Washes. Auch das ist ein gewisser Trost.
Wir finden einen schönen Platz auf einem Hügel, von wo wir den Sonnenuntergang betrachten. Heute ist der 1. April.
Am nächsten Morgen fahren wir langsam weiter. Heute vor genau einem Jahr sind wir zuhause aufgebrochen. Wir haben unglaublich viel sehen und erleben dürfen, wofür wir sehr dankbar sind. Auch wenn wir im Moment mit sehr gemischten Gefühlen unterwegs sind.
Wir fahren die Strecke, die wir mit Gino in zusammengerechnet zwei Tagen gemacht haben, mit Fabian und Marion in vier Tagen. Wir nehmen uns Zeit und geniessen es, in Ruhe zu frühstücken (Fabian kocht – unter anderem – ausgezeichnete Rühreier mit Speck) und früh das Camp aufzuschlagen, um gemeinsam ein schönen Znacht zu kochen und den Abend gemütlich ausklingen zu lassen.
Unser Hügel am Morgen
( c) Fabian Künzle)Weiter geht’s! Mojave Road „Whoop-de-Doos“ Wir campen am gleichen Ort, wo wir schon mit Gino waren Osterhase zu Besuch Etwas kühl, aber gemütlich
( c) Fabian Künzle)( c) Fabian Künzle ( c) Fabian Künzle Soda Dry Lake Es staubt etwas… Soda Dry Lake ( c) Fabian Künzle) Camp beim Cinder Cone Lava Bed Frühstück!
Ein Highlight, das wir mit Gino leider verpasst haben, ist die Lava Tube, die wir auf einem kleinen Abstecher erreichen. Im Gegensatz zu anderen Formationen dieser Art besteht hier der Boden der Höhle aus feinem Sand und der Staub in der Luft sorgt für unglaublich schöne Lichteffekte.
Dieses Mal ist auch das Wetter besser, so dass wir die sehr steile und herausfordernde Piste in ein kleines Flusstal ausprobieren können, die wir letztes Mal ausgelassen hatten (auch bei gutem Wetter hätte nicht einmal Gino diese Stelle mit einem 2WD-Mietauto meistern können). Es ist übrigens nicht «wir», sondern Ozy und Fabian, die fahren, während Marion und ich von aussen dokumentieren und kommentieren… 😉.
Der Zwischenstopp am «Mojave Road Briefkasten» darf natürlich nicht fehlen. Dieses Mal entdecken wir auch die Froschsammlung, die einige Meter davon im Gebüsch aufgestellt ist. Der Fahnenmast neben dem Briefkasten ist immer noch leer. Marion hat als Liechtensteinerin, die etwas auf sich hält, natürlich eine Landesfahne dabei (ein Abschiedsgeschenk von ihrem Chef) und so hissen wir die Flagge und reklamieren die Mojave Road kurzerhand fürs Ländle!
Im Afton Canyon begeben wir uns – diesmal mit Stirnlampen ausgerüstet – in den Spooky Canyon. Ganz am Ende wird er zur Höhle und im Inneren gibt es mehrere Stufen. Die ersten gehen noch so, die nächsten wären mit Hilfe von Seilen zu erklimmen. Ich kapituliere vor der ersten seilbestückten, über drei Meter hohen Wand, während Fabian und Marion noch bis zur zweiten vordringen.
Es geht wieder durch den Afton Canyon und durch die Furt des Mojave River. Sie ist immer noch gleich tief wie das letzte Mal, aber während des vergangenen Monats wurden offenbar die Wellen aus dem kiesigen Untergrund entfernt und es geht jetzt ganz glatt (und für Ozy und mich fast ein bisschen langweilig) durchs trübe Wasser.
Fabian hat aber so grossen Spass, dass er gleich noch ein zweites Mal hin und zurück fährt – und dadurch drei Mal die legendäre Undichtigkeit der Landrover erleben kann. Zum Glück fliesst das Wasser auch wieder entsprechend schnell ab… 😉
Im Gegensatz zum letzten Mal befahren wir auch noch das letzte Teilstück der Mojave Road vom Afton Campground, der wegen des Corona Virus geschlossen ist, bis kurz vor Barstow.
In Barstow angekommen, geniessen wir erst mal wieder eine lange, heisse Dusche in einem Truck Stop (in CA 15 $) und suchen uns dann einen Schlafplatz in der nördlich von Barstow gelegenen Rainbow Basin Natural Area. «Suchen» ist das richtige Wort, denn der Platz, der im iOverlander eingetragen war, ist schon besetzt, andere passende Plätze sind privat und im Bereich des eigentlichen Rainbow Basins ist wildcampen nicht erlaubt (die offiziellen Campgrounds sind natürlich geschlossen). Endlich finden wir nach längere Suche einen halbwegs annehmbaren Stellplatz. Leider ist hier draussen alles vermüllt. Wir sind zu nahe an der Stadt… Und ausgerechnet an unserem letzten Abend ist es so kalt und windig und ungemütlich, dass wir nicht mal mehr draussen sitzen können.
Am nächsten Morgen kommt dann der traurige Abschied. – Der grau verhangene Himmel widerspiegelt prima unsere Stimmung…
Wir haben die Zeit mit Marion und Fabian extrem genossen. Es war schön, die Mojave Road nochmals mit lieben Menschen zu teilen und wir haben uns wirklich besonders gut mit den beiden verstanden. Wir haben einen ähnlichen Tagesrhythmus, eine ähnliche Reisegeschwindigkeit und alles, sogar das Kochen hat ohne grosse Absprache «einfach funktioniert». Ausserdem haben sie uns in dieser für uns extrem schwierigen Zeit begleitet, wofür wir ihnen nicht genug danken können. Wir hoffen sehr, dass sie bald wieder in die USA zurückkehren können und sich unsere Wege wieder einmal kreuzen!
Gerne hätte ich noch das Rainbow Basin erkundet, wo es neben farbenfrohen Felsformationen und Canyons auch Fossillagerstätten gibt. Aber das Wetter ist mittlerweile so schlecht, dass wir uns auf den Weg Richtung Nordwesten machen und uns nördlich von Kramer Junction neben die Line Road in Sichtweite der weissen Kugel der Boron FAA Radar Station hinstellen.
Hier bleiben wir eine ganze Woche lang und haben in dieser Zeit viel Kontakt mit der Familie. Es ist für uns eine schlimme Zeit: Am 8. April, vier Tage vor seinem 82. Geburtstag, den er noch so gerne erlebt hätte, schläft unser lieber Vater und Schwiegervater Xaver endgültig ein.
Wir sind tief deprimiert und das Wetter trägt das Seine dazu bei: Es regnet 5 Tage fast ununterbrochen (wir sind immer noch in der Mojave Wüste…) und ist sehr kalt und windig, so dass wir unser Häuschen die ganze Zeit kaum verlassen. Immerhin kann sich Ozy dazu aufraffen, unseren Tisch, der durch die vielen rumpeligen Pisten gelitten hatte, zu reparieren. Er baut auch ein System ein, mit dem wir die Tischplatte während der Fahrt am Boden fixieren können, damit sie keinen weiteren Schaden nimmt.
In der Zeitung lesen wir, dass es in Kalifornien in den höheren Regionen nochmals richtig Schnee gegeben hat und die Regenmenge des ganzen Monats bereits jetzt überschritten wurde. Für das unter einer langen Dürre leidende Kalifornien immerhin eine gute Nachricht. Als dann am 10. April erstmals zögerlich die Sonne hervorkommt, sehen wir überall die herrlichsten Blumen spriessen. Wir haben das Gefühl, dass wir ihnen beim Wachsen zusehen können und gewinnen wenigstens wieder etwas Lebensmut zurück.
Und wir haben etwas, worauf wir uns freuen können! – Am 15. April treffen wir uns mit Don und seinen Freunden im Panamint Valley. Er wird für uns sogar ein eigenes ATV mitbringen und es wird sicher ein ganz besonderes Erlebnis sein, mit ihnen zusammen die angrenzenden Canyons zu erkunden!