Zurück in die USA – von Agua Verde bis über die Grenze

Zurück in die USA – von Agua Verde bis über die Grenze

Was, schon wieder zurück?

Tja. Eigentlich wollten wir ja noch bis Februar oder März die schöne Baja geniessen und auch noch das untere Drittel der 1200 km langen Halbinsel erkunden. Dann wurde aus „nächstes Jahr“ plötzlich „dieses Jahr“ und wir haben mal angefangen, unsere diesbezüglichen Pläne konkret auf ihre Durchführbarkeit zu überprüfen…
Dabei haben wir festgestellt, dass wir – wenn wir diese Saison das Yukon-Territory und Alaska erkunden wollen – schon früher als gedacht wieder in die USA einreisen müssen. Dies, weil der I-94 Arrival/Departure Record, welchen man beim Grenzübertritt erhält, einen Touristen mit B1/B2 Visum (normalerweise) zu 6 Monate Aufenthalt in den USA berechtigt, aber eben auch nicht vor dieser Frist abläuft, selbst wenn man vorher ausreist. Wenn wir nun also um Mitte Januar in die USA einreisen, läuft das I-94 Mitte Juli in Kanada aus und wir erhalten dann (hoffentlich) wieder ein neues I-94 bei der Einreise nach Alaska, das dann umgekehrt wieder reicht, gemütlich Richtung Mexico bzw. Baja zu tuckern, wo wir wieder den Winter in der Wärme verbringen und all die Sachen angucken möchten, die wir jetzt verpassen…

Nun wird halt leider auch nichts aus dem Spanischkurs, den wir in La Paz besuchen wollten. Aber eigentlich brauch‘ ich den ja gar nicht mehr 😉 : ich habe zum Spass mal im Internet den Spanisch-Einstufungstest des Online-Anbieters Lengalia gemacht und bin – obwohl ich nur mit Duolingo lerne und praktisch kein Spanisch sprechen kann – gleich ins Level C1 eingestuft worden…

Aber nun erst mal zu unserer verbleibenden Zeit auf der Baja und der Rückkehr in die USA.

Nach den Weihnachtsfeiertagen waren wir ein bisschen faul und sind gleich noch bis Neujahr in Loreto geblieben. Nicht zuletzt auch wegen unseren netten Schweizer Nachbarn Sandra und Reto mit ihrem herzigen Welpen Diego, die uns immer wieder mit feinem frischgebackenem Brot verwöhnt und auch mal ihren Ofen zum Fertigbacken eines etwas überdimensionierten Zopfs zur Verfügung gestellt haben.

Silvester war – abgesehen von der lauten Musik bis morgens um halb fünf, wo dann die Hähne und Hunde wieder übernahmen – sehr ruhig.
Zur Feier des Abends verwöhnten wir uns mit vom fliegenden Händler erstandenen Hummerschwänzen, die wir auf Harveys Outdoor-Gasgrill zubereiten durften. – Mmmmmm!

Am 2. Januar ging es dann wieder los. Der Abschied vom RV Park fiel uns wieder richtig schwer, weil wir mit Harvey und seiner Frau Pat, Mary, der mexikanischen Archäologin Dulce und weiteren, länger oder kürzer verweilenden Campern, wieder neue Freunde getroffen haben. Einige haben uns sogar eingeladen, sie bei sich zuhause zu besuchen. – wir würden uns jedenfalls sehr freuen, Euch wiederzusehen!

Von Loreto aus fahren wir zunächst doch noch ein bisschen nach Süden, weil wir uns erst noch das viel gelobte Agua Verde angucken wollten.
Das kleine Fischerdorf besteht aus einigen verstreuten Häusern, einem kleinen Laden und zwei noch kleineren Openair-Restaurants. Bekannt ist es vor allem wegen seiner sehr hübschen Bucht, an der man frei stehen darf, und auch wegen seiner streckenweise sehr steilen, einspurigen und kurvigen Zufahrt, die es nur kleineren Fahrzeugen erlaubt, überhaupt dorthin zu kommen…
Ozy meistert die haarigeren Stellen der 41 km langen Stichstrasse als professioneller Chauffeur ganz unaufgeregt, aber die Strecke ist definitiv nichts für Menschen mit Höhenangst… – Dafür bietet sie sehr schöne Blicke auf die Küste.

Wir stellen uns an den Strand, essen etwas Kleines in einem Strandrestaurant und geniessen den Ausblick auf die fischenden Pelikane und die Yachten, die hier Anker werfen.

Am Strand begegnen wir erneut France mit ihrem Promaster-Van, die wir bereits in Ensenada und Loreto getroffen hatten. Im Gegensatz zu ihr bleiben wir aber dann nur eine Nacht, weil es uns zu windig und zu kalt ist.

Auf dem Rückweg nehmen wir Francisco mit, der an der CETYS Universität in Tijuana für die Sprachfakultät verantwortlich ist. Er stammt ursprünglich aus Ensenada und die Fahrt bis Loreto geht durch interessante Gespräche über mexikanische Sprache, Geschichte und Natur viel zu schnell vorbei.

Nachdem wir Francisco an seinem Bestimmungsort Loreto abgeladen haben, fahren wir gleich weiter zur Bahía de Concepción, wo wir von der Strasse aus das Feuerwehrauto von Sandra und Reto auf der „Sandbar“ erspähen. – Wir freuen uns über das Wiedersehen und stellen uns gleich für eine Nacht dazu.
Die Playa El Requeson, wie die Sandbank offiziell heisst, sieht sehr malerisch aus. Sie bildet bei Ebbe eine Verbindung zur kleinen Isla Requeson, die man zu Fuss erkunden kann. Als Stellplatz ist der Ort aber leider nicht zu empfehlen. Die Übernachtung kostet zwar „nur“ 150 Pesos (umgerechnet CHF 7.50), aber das ist eindeutig zu viel für einen schmutzigen Strand, ungeleerte Abfalleimer, die von zahllosen Möwen geplündert werden, und Plumpsklos, die man nicht mal von aussen ansehen möchte (um den Preis in Relation zu setzen: für 4 Pesos bekommt man im Laden bereits ein Brot und der superschöne RV Park in Loreto mit heissen Duschen und sauberen WCs hat nur 180 Pesos gekostet).
– Schade um den schönen Ort!

Am Morgen verabschieden wir uns endgültig von Sandra und Reto und Diego, die nun wieder Richtung Süden fahren. Nachdem ich einen Ausflug auf die kleine Insel gemacht und ein paar „Poser Pics“ von unserem Gefährt geschossen habe, geht es weiter entlang der wunderschönen Bahía de Concepción. Von oben sehen wir wieder die Playa El Coyote, an der wir zunächst vorbeifahren. Wenig später müssen wir einfach umdrehen, um wieder zwei Nächte dort zu verbringen, weil es einfach ein sooooo schöner Ort ist! (Hier kostet die Übernachtung übrigens 200 Pesos, ebenfalls nur für Plumpsklos. Aber im Gegensatz zu El Requeson sind hier Strand und Plumpsklos äusserst gepflegt und man hat das Gefühl, dass sich die Leute – auch die vielen „Snowbirds“, die teils schon seit über 30 Jahren jeweils mehrere Wintermonate hier verbringen – um den Ort kümmern).
Am nächsten Tag erhalten wir lieben Besuch. – Das Brasilianische Paar Tati und Vagner, mit denen wir eine lange und schöne Zeit auf dem Campo 7 verbracht hatten, hat uns von der Strasse aus stehen sehen und bleibt spontan auch noch eine Nacht hier.

Wir verlassen die schöne Bahía de Concepción endgültig und besuchen wieder San Ignacio, wo ich diesmal das Museum zu den berühmten Felsbildern der Sierra De San Francisco angucken möchte (die Felsbilder selbst, die nur auf einer mindestens eintägigen Tour mit Führer zu besichtigen sind, sparen wir uns auf nächstes Jahr auf…).

Auf der Plaza begegnen wir Sandra und Christian, die mit ihrem Ducato-Van auf dem Weg nach Ushuaia sind. Wir nehmen einem Apéro auf der Plaza und können die Festlichkeiten zum Día de los Reyes (Dreikönigstag) beobachten: hier in San Ignacio schlagen die Kinder nacheinander mit einem Stock auf einen grossen, dekorierten und mit Süssigkeiten gefüllten Karton (Piñata), während ein Spruch aufgesagt wird. Es gibt eine Runde für die kleinen Mädchen und eine für die kleinen Jungen und die ganze Plaza ist voll von fröhlichen Familien.

Zum Übernachten fahren wir zum „Rice&Beans“ RV, wo wir mit Sandra und Christian und dem Kanadier Jud, der auch dort übernachtet, einen netten Abend im gleichnamigen Restaurant verbringen.

Von San Ignacio fahren wir die 65 km zur Laguna San Ignacio, einer der drei Orte, wo die Grauwalmütter ihre Jungen aufziehen. Nur leider etwas später im Januar, wie es scheint… Allerdings schaffen wir es gar nicht erst, zu den beiden Camps direkt an der Lagune, wo man übernachten könnte und von wo aus auch Bootstouren angeboten werden, weil alle Strassen dorthin überschwemmt sind… Man hätte sich natürlich auch im Ort selbst über die Verhältnisse erkundigen können… Aber dann wären wir ja vielleicht gar nicht dorthin gefahren und hätten eine tolle Gegend verpasst!

Von den Regenfällen über die Feiertage zeugen übrigens nicht nur die überschwemmten Strassen entlang der Lagune, sondern auch die Vegetation: Wo es vorher – abgesehen von einigen Kakteen, Sukkulenten und widerstandsfähigen Büschen – praktisch kahl und unbewachsen war, ist jetzt alles mit einem grünen Schleier überzogen. Die Cirios haben auf einmal rundum kleine belaubte Ästchen und die Büsche und Pflanzen am Strassenrand beginnen zu blühen!

Den nächsten Stopp machen wir in Guerrero Negro, wo wir wieder eine Nacht auf dem El Malarrimo RV Park verbringen. Dieses Mal wird uns aber trotz Diskussion unter fadenscheinigem Verweis auf eine „Hauptsaison“ ein teurerer Übernachtungspreis abverlangt, was uns speziell ärgert, weil unsere Nachbarn mit einem gleich grossen Pickup-Camper auf Dodge-Basis – ohne Diskussion – den tieferen Preis bekommen. Immerhin treffen wir hier ein sehr nettes Auslandschweizer/-schweden-Paar und verstehen uns sehr gut mit unseren Pickup-Camper-Nachbarn Sara und Nate aus Maine (!), die auf ihrem Ram ebenfalls einen eigenen Aufbau planen. Das Znacht mit ihnen im ausgezeichneten Malarrimo-Restaurant tröstet uns dann über den überhöhten Übernachtungspreis hinweg.

Kurz hinter Guerrero Negro passieren wir wieder die Grenze zu Baja California [Nord]. Von der Hauptstrasse folgen wir etwas später dem Wegweiser nach El Marmol, einer fast komplett verschwundenen Siedlung zum ehemals grössten Onyxmarmor-Steinbruch der Welt (der petrographisch weder etwas mit Onyx noch mit Marmor zu tun hat…). Vier Kilometer vor dem Steinbruch ist die Strasse jedoch weggespült, weshalb wir umkehren und eine wunderbar ruhige Nacht in der Wüste verbringen (übrigens die erste Nacht ohne laute Musik und/oder Hundegebell seit laaaaanger Zeit…).

Es geht wieder 17 km zurück auf die Hauptstrasse und dann – wieder vorbei an zahlreichen Gewächshäusern und Feldern und durch viele kleinere Orte – die restlichen 340 km bis zum Campo 7 bei La Bufadora.
Und wer steht hier? – Tati und Vagner, die von der Playa El Coyote aus die Ostroute über San Felipe genommen hatten!

Wir bleiben wieder fünf Nächte im Campo 7 – so lange, bis wir unsere ganzen Frischwaren aufgegessen (oder verschenkt) haben, die wir ja nicht in die USA nehmen dürfen… Als dann auch der grosser Vorrat von in Loreto gekauften Cervelat-Würsten weggeputzt ist, verabschieden wir uns herzlich vom Campo-Betreiber Ricardo und seinem Stellvertreter Brian und machen uns wieder auf den Weg nach Tecate, wo wohl auch der für die Ausreise angenehmste Grenzübergang ist.

Und tatsächlich: in Tecate läuft wieder alles sehr ruhig und stressfrei ab. Ozy wartet im Auto, während ich im Mexikanischen Immigrationsbüro unser FMM („Touristcard“) abgebe und die Pässe mit dem Ausreisedatum stempeln lasse – beim gleichen Officer, der uns bei der Einreise netterweise die benötigten Kopien gleich vor Ort gemacht hatte. Dann versuchen wir das Ende der Schlange für den US-Grenzübertritt zu finden, was verkehrstechnisch nicht ganz einfach ist… Nach etwa 20 Minuten Wartezeit sind wir dran. Diese wird verkürzt durch die überall präsenten Strassenhändler und – traurig – auch einige bedürftige Menschen, welche uns ihre Lebensgeschichte erzählen.
An der Kontrollstelle fragt der Officer freundlich nach woher und wohin, bewundert kurz unser Auto (will aber nicht mal hineinschauen!) und schickt uns dann zum Parkplatz vor dem Büro. Dort werden wir von einem weiteren Officer abgeholt, der uns – nach dem üblichen Überprüfen der Fingerabdrücke und einem Foto – ohne viel Federlesens das I-94 ausstellt.
– So schnell, professionell und entspannt sind wir noch nie in die USA eingereist!!!

Nun sind wir also wieder in Süd-Kalifornien, wo alles ein bisschen anders und vor allem viel, viel teurer ist… Nach unseren – nicht so guten – Erfahrungen mit Campgrounds in der Gegend um San Diego vor der Einreise nach Mexico verbringen wir die ersten paar Nächte auf Casino-Parkplätzen (auch „Casino-Camping“ genannt…). Viele der – allesamt von Indianerstämmen geführten – Casinos lassen einen ein bis drei Nächte bleiben, wenn man sich bei der Security des Casinos meldet. Es wird dann empfohlen, sich die „Players Card“ des entsprechenden Casinos zu organisieren, die wiederum 5-10 $ „Spielgeld“ enthält und manchmal weitere Boni wie vergünstigtes oder sogar Gratis-Buffet etc. – natürlich immer mit dem Wunsch, dass man dann umgekehrt wieder möglichst viel Geld im Casino lässt… 😉

Durch das Einkaufen in den grossen Walmarts und Shoppingmalls um San Diego (wir hatten mittlerweile eine kleinere Liste mit Dingen, die wir benötigten) und vor allem auch durch das Casino-Camping war der umgekehrte Kulturschock nach drei Monaten Baja immens gross.
Plötzich gab es ein riesiges Angebot mit immer vollen Auslagen in staubfreien Geschäften, die reichen Buffets, saubere WCs mit Wasserspülung, wo man das Papier direkt in der Schüssel entsorgt, fliessend warmes Wasser, wenn man die Hände nur unter den Hahn hält, ständig wird überall geputzt… Obwohl wir vor allem die Sanitäranlagen sehr schätzen, war uns das alles fast zu viel.

Deshalb ziehen wir uns nun schnellstmöglich wieder in die Wüste zurück…

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