Wüstenwelten – Unterwegs mit dem ATV in der Sonora und Mojave Desert

Wüstenwelten – Unterwegs mit dem ATV in der Sonora und Mojave Desert

Yuma und Kofa National Wildlife Refuge

Nach unserem – abgesehen vom langen Stau – problemlosen Grenzübertritt in Mexicali East fahren wir zu unserem Freund Bill in Yuma. Er war so nett uns wieder einzuladen und durfte als Dank für seine Güte während der letzten Tage zahlreiche Briefe und Pakete für uns entgegennehmen und aufbewahren… Darunter befinden sich nicht nur einige Ersatzteile und Einrichtungsgegenstände fürs Auto und unsere Wohnung (u.a. eine neue Decke sowie Kissenbezüge mit Fuchs-Motiven…) sowie der Check für das Storage-Depot in Las Vegas (Danke, Vicki!), sondern auch der Hauptgrund für unsere etwas verfrühte Rückkehr von der Baja: mein neues GoogleFi-Smartphone. Es hat prima geklappt mit der Garantie und statt meines kaputten Pixel 5a habe ich nun sogar ein Pixel 6a als Ersatz erhalten!

Wir bleiben zwei Tage bei Bill und Carolyn während derer wir alles auspacken, das alte Phone zurückschicken, das neue einrichten, Wäsche und Auto waschen sowie Helikopter und Flugzeuge gucken: um Yuma trainieren bzw. sind stationiert die Marines, die US Air Force und die US Army.

Wir machen auch einen ersten Versuch den Check einzulösen. Ich hatte schon herausgefunden, dass es bei einer Bank nicht möglich ist, wenn man keinen Checking Account hat. Aber auch die Money Services von Walmart wollen den Check nicht einlösen, da wir auch keine Social Security Number haben… Wir probieren es noch bei einem kleinen Shop, der ebenfalls Checks einlösen würde. Dort ist die SSN nicht mal grosses Thema, aber sie machen es trotzdem nicht, weil der Check von der Bank of the West in Kalifornien ausgestellt wurde und damit hier in Arizona «out of State» ist!
Oh well. Dann warten wir vorerst und probieren es dann in Kalifornien nochmals…

 

Als wir abfahren wollen, bietet uns Bill sein Side-by-Side zum Ausleihen an. Eigentlich wollten wir ja in den Yoshua Tree Nationalpark, aber dieses tolle Angebot lässt uns unsere Pläne sofort ändern!
Bill und Ozy montieren die Anhängerkupplung an unserem Auto (keine grosse Sache, weil das „Loch“ dafür schon da ist) und am nächsten Morgen sind wir unterwegs in die Kofa National Wildlife Refuge, die sich etwas südlich von Quartzsite befindet. Das NWR, das nach der von 1897 bis 1910 aktiven King of Arizona Mine benannt ist, wurde 1939 eingerichtet, um das Wüsten-Dickhornschaf zu schützen, Es ist rund 2’700 km2 (665,400 acres) gross und umfasst zweieinhalb Bergketten (Castle Dome sowie Kofa Mountains) sowie das dazwischenliegende King Valley. Ein grosses Areal, das wir in den nächsten Tagen erkunden können!

Wir hatten uns in der Visitor Contact Station in Yuma Infomaterial und eine Karte geholt (wegen Personalmangels (?) war es geschlossen, aber ein Law Enforcement Ranger auf Pikett liess uns trotzdem rein) und waren bereits im Februar 2020 schon mal kurz hier, so dass wir schon eine ungefähre Idee vom Gebiet haben. Zuerst stellen wir uns an die King Road im gleichnamigen Tal, um mit dem ATV die südliche Hälfte des NWR zu erkunden (u.a. Big Eye Mine, die Gegend um die ehemalige Kofa Mine sowie einige tanks = Wasserbecken). Da das Kofa NWR im Süden direkt an den Yuma Proving Ground angrenzt, bekommen wir eines Abends eine interessante und recht lange anhaltende Lichtshow geboten, als dort blendend helle Lichter vom Himmel segeln (Zielübungen oder Nacht-Fallschirmtraining???)
Nach drei Tagen ziehen wir um an die ein wenig weiter nördlich liegende Palm Canyon Road, damit wir nochmals den zentral gelegenen Queens Canyon mit seinen spannenden Felsformationen besuchen können (die sowieso nur fussläufig zu sehenden Palmen im gleichnamigen Palm Canyon hatten wir 2020 schon «mitgenommen»).

Trotz Wüstenumfeld entdecken wir zahlreiche Tiere: ein Koyote überquert vor uns die Strasse und betrachtet uns dann ganz neugierig, ganz passend am Ostersamstag schlägt sich ein Hase ins Gebüsch, zahlreiche Vögel singen, Wachteln wuseln in Scharen herum, verschiedene Eidechsen suchen unter Steinen Deckung, eine grosse Kröte geniesst den Schatten und ein ganzes Rudel Maultierhirschkühe rennt quer über die Piste. Nur die Dickhornschafe, für die das Schutzgebiet ja eingerichtet wurde, machen sich rar. Allerdings kommt man auch nicht wirklich in die Berge, wenigstens nicht mit Motor. Es gibt kaum Rundfahrten, d.h. man muss fast jede Strecke wieder auf dem gleichen Weg zurückfahren, was dann manchmal sehr lange Tagesstrecken von über 100 Meilen / 160 km ergibt.

Das Highlight sind aktuell aber sowieso die Pflanzen. Dank der aussergewöhnlichen Niederschläge diesen Winter können wir uns an zahlreichen blühenden Kakteen und vor allem auch an einer grossen Fülle an Wildblumen erfreuen. Alle Farben sind vertreten: von grünlich-weiss über alle möglichen Gelbtöne, orange, rot, pink und lila bis zu blau. Ich kann mich nicht sattsehen und Ozy muss immer wieder anhalten, damit ich hinausspringen und Fotos machen kann. Es ist einfach nur schön!!!
Es gibt dabei auch lustige Begebenheiten: Besonders die langen, röhrenförmigen roten Blüten von Bartfaden (Penstemon) sind eine wichtige Nahrungsquelle für Kolibris und fast jedes Mal, wenn ich diese Blumen fotografieren möchte, schwirrt ein winziges Vögelchen mit ärgerlichem Surren herbei und versucht, mich von seiner Pflanze zu vertreiben.
Im Zentralen Bereich hat es dann fast keine blühenden Kakteen mehr, dafür blenden uns die Berghänge im Queens Canyon mit ihrem dichten Teppich von orangegelb leuchtenden Mohnblüten (Eschscholzia sp.).

Als wir von unserem Ausflug in den recht engen und geschützten Queens Canyon in die Ebene zurückkommen, landen wir in einem Sandsturm, der so stark ist, dass wir sogar eine Warnung aufs Smartphone bekommen. Als wir endlich zurück in unserem Dihei sind, sind wieder einmal so froh, dass wir feste Seitenwände haben…

Am nächsten Tag hat sich der Sturm verzogen und es ist nur noch etwas dunstig. Wir fahren wieder zu Bill, um ihm das Side-by-Side zurückzugeben. Er meint jedoch, wir sollten es doch noch etwas behalten! So cool! Da wir uns in etwa einer Woche sowieso mit ihm und Don in Ballarat treffen wollen, einigen wir uns darauf, dass wir es gleich dorthin mitnehmen. Also Vorräte auffüllen und zurück ins Kofa NWR, wo uns noch die nördliche Hälfte fehlt, die wir nun während der nächsten vier Tage «er-fahren».

Ostern feiern wir mit einem feinen Essen. Ich versuche, einen «Osterfladen» in der Pfanne zu backen (klappt dank gut kontrollierbarem Induktionsherd recht ordentlich, der Teigboden müsste aber nächstes Mal noch dünner sein, damit er nicht so dunkel wird…) und wir gönnen uns ein richtiges Menü mit Vor- und Hauptspeise.
Die Temperaturen sind während der letzten Woche ordentlich gestiegen. Hatten wir uns am Anfang noch warm eingepackt, wird es auf einen Schlag warm und wir schwitzen an Ostern tagsüber bei über 30 Grad. Zum Glück kühlt es nachts noch stark ab.

 

Panamint Valley 1: Ballarat und Umgebung

Am Ostermontag fahren wir Richtung Ballarat, wo wir mit unseren Freunden abgemacht haben. In Kramer Junction, CA können wir im Truck Stop wieder einmal duschen (dringend benötigt, aber die 18 $ für die Dusche schockieren uns schon!) und bei Boron stellen wir uns mitten in die Wildblumen zum Übernachten. Auf der Weiterfahrt werden die Blumenwiesen immer dichter. Ozy hat aber inzwischen die Nase gestrichen voll von Blumen und ich muss mich darauf beschränken, die vor allem in verschiedenen Gelbtönen leuchtenden Teppiche vom Fenster aus zu bestaunen (und zu fotografieren).

Bevor es ins Panamint Valley geht, füllen wir in Ridgecrest Wasser auf und gehen in den grossen Walmart einkaufen. Plötzlich ein grosses Hallo – Don ist auch hier und hat uns erspäht! Was für ein schönes Wiedersehen!

Da wir hier in der Zivilisation und in Kalifornien sind, und zudem auch gleich Don da ist, möchte ich es nochmals mit dem Check probieren: Ich hatte gelesen, dass man einen anderen Menschen diesen einlösen lassen kann (in diesem Fall Don mit Social Security Number…), wenn der check holder (Ozy) anwesend ist. Leider will Walmart Money Services wieder nicht («oh no, we can’t do that») und schickt uns schickt uns zur nächsten Bank. Don ist so lieb und kommt mit. Die Schlange ist lang und als wir endlich am Schalter sind, informiert uns der Angestellte freundlich, dass das schon gehe – aber nur, wenn Don ein Konto bei ihnen habe… Also wieder nichts… ☹
Der Herr meint, wir könnten es im Alvord Street Mini Mart versuchen, wieder so ein kleiner Shop, der Checks einlöst. Don brauchen wir dazu nicht mehr (nochhmals vielen Dank!), so dass er sich schon auf den Weg zu den Trona Pinnacles machen kann, wo er heute übernachten wird. Und wir machen den aller-, allerletzten Versuch, diesen Check einzulösen. Und es sieht schlecht aus…
In Yuma hatten sie sich damit herausgeredet, dass der Check out of state sei. Jetzt sind wir zwar im richtigen Bundesstaat, aber nun meint die Dame an der Kasse, nein, sie könne den Check nicht einlösen, denn er sei out of town!!! Ich weiss nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Ich tendiere zu letzterem und erzähle der Dame die ganze, lange Geschichte. Und diese und/oder unsere Verzweiflung rühren wohl ihr Herz, denn sie ruft ihren Vorgesetzten, der dann tatsächlich doch noch unseren Check einlöst!!! Er fragt noch, ob es ok sei, wenn er 10 $ Transaktionsgebühr abziehe. – Natürlich! Alles! Hauptsache, wir werden diesen verd… Check endlich los!!!
Die 179 bzw. schliesslich 169 $ waren den ganzen Aufwand und Ärger schon (fast) nicht mehr wert, aber mir ging es auch ums Prinzip. Ich wollte einfach nicht, dass diese lausige US Storage Centers-Firma, die es nicht fertigbringt, einen Betrag, den sie von unserer Kreditkarte abbucht, zurückzuüberweisen, unser Depot einstreicht. Und nun hat es doch noch geklappt!!! Wir freuen uns sehr, bedanken uns überschwänglich und machen uns mit leichterem Herzen auf den Weg nach Ballarat.

Als wir am üblichen Lagerplatz eintreffen, freuen wir uns, Bob wiederzusehen. Am nächsten Tag stossen Don, Bill, Monty und Deb und auch unser Freund Gino aus der Schweiz dazu, der die letzten zwei Wochen seiner Ferien mit uns verbringen wird. Im Lauf der nächsten Tage kommen auch noch Dennis und Rick, Diane und Susan, sowie über ein Wochenende drei Nachbarn von Bob mit Motorrädern, so dass wir zwischendurch eine richtig grosse Gesellschaft haben!
Don war wieder so lieb und hat sein zweites ATV mitgebracht, während Bill meistens das Camp bewacht, sodass Ozy, Gino, Susan und ich in wechselnden Zusammensetzungen zusammen mit den andern Ausflüge in die Seitentäler um Ballarat machen können (Pleasant Canyon, Upper und Lower Jackpot Canyon, Jail Canyon, North und South Park, Coyote Canyon mit Wanderung zur Gold Spur Mine, Goler Wash, Onyx und Kopper King Mines sowie zum rätselhaften Panamint Crater, den wir auch noch nicht kannten; s. Relive-Videos weiter unten).

Gino und ich machen zudem noch eine Monster-Wanderung durch den Surprise Canyon zur ehemaligen Silber-Minenstadt Panamint City, etwas, das ich schon lange mal machen wollte, mich alleine aber nie getraut habe. Alle im Camp hatten uns prophezeit, dass wir nicht einmal das erste Drittel des rund 8.5 km / 5.2 mi langen Wegs zur ehemaligen Stadt schaffen würden, da dieser durch den engsten Teil des Surprise Canyon mit viel Wasser, Sumpf und Wasserfällen (ja, in der Wüste!) führt.
Aber wir haben schaffen es und erreichen nach einigem Gekraxel – und mit vielen Fotostopps – nach gut fünf Stunden und rund 1’200 Höhenmetern / 4000 ft das «Panamint Hilton», eine renovierte Hütte, in der man auch übernachten kann. Nach der verdienten Mittagspause erkunden wir die Umgebung mit ihren diversen Gebäuden und Gerätschaften aus verschiedenen Epochen und in verschiedenen Stadien des Zerfalls: 1872 gegründet, zählte die Stadt nur zwei Jahre später bereits 2000 Einwohner und hatte eine 1.6 km / 1 mi lange Hauptstrasse. Im Sommer 1876 wurde der grösste Teil der Stadt während einer verheerenden Sturzflut weggespült, war aber trotzdem noch bis Ende des 19. Jahrhunderts bewohnt. In den 1920er und 1970/80er Jahren fand nochmals Bergbau in grösserem Stil statt. Von letzterem zeugen eine grosse Werkshalle, eine vermutlich in ein älteres Gebäude eingebaute Unterkunft sowie eine noch recht vollständige Erzverarbeitungsanlage. Den Lewis Tunnel, der etwas oberhalb der Anlage liegt, entdecken wir erst zum Schluss, als wir uns eigentlich schon auf den Rückweg machen wollen. Wir gehen etwa einen halben Kilometer in den komplett geraden Tunnel hinein und erkunden dort einen kurzen Abzweiger. Gino möchte gerne noch sehen, wie es weitergeht, aber ich verderbe ihm den Spass: Es ist schon halb vier und wir sind nicht für eine Nachtwanderung ausgerüstet. Wir kehren also um und schaffen es dann auch gerade noch buchstäblich mit dem letzten Sonnenstrahl zum Parkplatz zurück.
Nachträglich gucken wir dann auf YouTube die sehr interessanten Beiträge von «Forgotten Mining History» und sehen, dass es dort oben noch sehr viel zu entdecken gäbe! (Surprise Canyon wird im Teil 1 behandelt, die Verarbeitungsanlage und der Lewis Tunnel im Teil 4 (zum Glück haben wir da nichts verpasst…).

 

Panamint Valley 2: Minnietta und Umgebung

Am Morgen, bevor wir zur Wanderung aufgebrochen sind, hatten wir uns von Deb und Monty, Dennis und Rick, Diane und Don verabschiedet: sie fahren nach Beatty, um am dortigen gemeinnützigen «Poker Run» teilzunehmen; nur Don wird danach wieder zu uns stossen.

Nach einem warmen Tag, an dem Gino, Susan und ich am Abend nur noch schnell zur Ruine der ehemaligen Postkutschenstation spazieren (der Muskelkater von der grossen Wanderung setzt jetzt langsam ein…), fahren wir am nächsten Tag mal schnell die 80 km / 50 mi nach Ridgecrest, um wieder Wasser und Vorräte aufzufüllen. Deb hatte uns den Tipp gegeben, doch mal beim Grocery Outlet vorbeizuschauen, einer Ladenkette, die es nur in Kalifornien gibt, und wir finden dort tatsächlich einige feine Sachen zu teils stark vergünstigten Preisen.
Von Ridgecrest aus geht es wieder zurück ins Panamint Valley, dieses Mal zum Camp in der Nähe der Minnietta Mine, nochmals rund 30 km / 17 mi nördlich von Ballarat. Das Camp ist auf der Westseite des Tales gelegen und auch ein kleines bisschen höher, so dass es hier ein wenig kühler ist als vorher. Don, der einige Tage später dazukommt, hatte auf dem Weg nach Beatty netterweise extra sein zweites ATV für Gino hier stehenlassen, so dass wir zu dritt die Defense Mine erkunden können (Youtube-Video: Defense Mine now and then). Wir waren ja vor drei Jahren schon mal mit Don und Bob hier drin und kraxeln wieder die Leitern durch die langen Schächte hoch und werfen einen Blick vom oberen Stolleneingang ins Tal hinunter. Ozy möchte jedoch unbedingt noch den Weg in die obere Ebene finden (es hat einige Erzschütten, die zeigen, dass es noch eine weitere Ebene geben muss), doch nach insgesamt drei Stunden und Erkundung aller Gänge ist klar, dass diese ohne Kletterausrüstung nicht mehr zu erreichen ist. Wir finden dafür einige sehr schöne Bleiglanzbrocken (Galenit) und besuchen auf dem Rückweg kurz Lookout City, wo es nicht nur die Aussicht, sondern dieses Jahr auch gelb bzw. lila leuchtende Blumenwiesen zu bewundern gibt.

Inzwischen ist Don auch wieder zu uns gestossen und während der nächsten Tage besuchen wir Osborn Canyon und Cabin, nochmals Lookout City sowie den Thompson Canyon mit der Minnietta Cabin (leider schaffen es Don und ich zu Fuss nicht ganz bis zur Thompson Spring). Dazwischen geniessen wir die Zeit im Camp und Don bekocht uns mit wunderbarer Taco Soup und Huhn vom Grill.

Als wir an einem Abend am Lagerfeuer sitzen, schaue ich versonnen nach Norden, wo es immer ein bisschen heller wird. Ich frage mich, woher das Licht kommt, denn dort ist gar nichts?! (Ein schwacher Schein von Las Vegas sowie von Los Angeles im Südosten bzw. Südwesten ist sogar hier, mehr als 200 km / 150 mi entfernt, zu sehen). Plötzlich dämmert es mir: es müssen Nordlichter sein!!! Und tatsächlich entwickeln sich schwache Streifen und der Lichtschein erweckt den leichten Eindruck eines Vorhangs. Gino und ich machen Fotos davon mit unseren Smartphones und diese vermögen auch die Farben, die wir von Auge allerhöchstens erahnen können, abzubilden! Wir staunen etwa eine Stunde lang, bis das Licht immer schwächer wird. Am nächsten Tag finden wir dann heraus, dass die Sonne am Freitag eine sehr starke Eruption hatte und das Nordlicht bis etwa in die Mitte der USA zu sehen war (wir befanden uns am allersüdlichsten Ende und haben nur die obersten Enden der höchsten – und deswegen auch roten – Nordlichter sehen können). Was für ein tolles Erlebnis!!!

Nach diesem Highlight muss uns Gino leider verlassen, da übermorgen sein Flug von Las Vegas geht.
Wir geniessen mit Don und Bill noch ein paar letzte Tage in der Wüste. An einem Tag entdecken wir zwei Silberreiher über uns in der Felswand, die hier völlig fehl am Platz scheinen (vor drei Jahren hatten wir fast an derselben Stelle, schon einen Fischadler sitzen sehen!). Die Tiere stehen den ganzen Tag fast bewegungslos auf ihren Plätzen in der sengenden Sonne und wir fragen uns, ob sie wegen des Sonnensturms vom Kurs abgekommen sind und hier einfach verdursten und sterben werden. Wir sitzen am Abend beim Eindunkeln am Lagerfeuer und die beiden verlorenen weissen Punkte sind immer noch da. Doch plötzlich, punkt acht, als es schon fast dunkel ist, starten beide zur gleichen Zeit. Sie fliegen drei volle Kreise – um ihren Kompass wieder auszurichten? – und verschwinden dann genau Richtung Norden in der Dunkelheit!

Ganz zum Schluss hoffen wir noch auf ein weiteres Highlight: für den nächsten Morgen ist ein SpaceX-Raketenstart im rund 300 km / 200 mi entfernten Vandenberg AFB Space Launch Complex an der kalifornischen Küste angekündigt. Im letzten Herbst hatten wir beim Abensoak im Pool im sogar noch etwas weiter entfernten Saline Valley ganz zufällig eine solche Rakete gesehen. Vielleicht klappt es ja wieder?! Wir stehen alle früh auf (der Start soll kurz nach 6 Uhr erfolgen) und Don, Bill und ich fahren warm eingepackt zu einem höher gelegenen Punkt auf der anderen Seite des kleinen Tales, während Ozy mit Internet und Funkgerät ausgerüstet im Camp die Stellung hält. Wir stehen und gucken. 10, 9, 8, 7, 6 – und der Start wird buchstäblich in letzter Sekunde abgebrochen und auf den nächsten Morgen verschoben, wie uns Ozy über Funk wissen lässt. Also alles wieder zurück und bei einem heissen Tee aufgewärmt. Am nächsten Morgen (unserem letzten gemeinsamen) nochmals das gleiche Spiel: Früh aufstehen und in der Kälte auf den nächsten Hügel. Dieses Mal startet die Rakete – aber wir sehen trotzdem nichts… ☹ Als wir den Start vom Saline Valley aus gesehen hatten, war es im Tal dämmerig und die Rakete und ihre Rauchfahne wurden von hinten von den letzten Sonnenstrahlen beleuchtet. Am Tag ist es vom Licht her aus dieser Entfernung und mit der Argus Range dazwischen vermutlich einfach nicht möglich, die winzige Rakete zu sehen. Oh well. Einen Versuch war es wert…

 

Las Vegas zum 1.

Nach dem Morgenessen trennen sich unsere Wege. Don und Bill kehren nachhause zurück und wir fahren via eine Nacht auf dem Tecopa Hot Springs Campground nach Las Vegas, wo wir am Abend ein tolles Konzert der Rockband .38 Special im Westgate Casino erleben werden.

Es ist heiss geworden. In Tecopa hatten wir 5 $ extra bezahlt, damit wir uns bei um die 35 °C / 95 °F an den Strom hängen und die Klimaanlage laufen lassen konnten. In Las Vegas stehen wir auf dem asphaltierten Parkplatz hinter dem Bally’s, wo es noch viel heisser ist… (der Campground vom Circus Circus war wegen eines Events leider geschlossen). Trotzdem geniessen wir die Hitze und insbesondere den Las Vegas Strip, denn als wir die letzten paar Mal hier waren, war es jeweils so kalt und windig, dass uns ein Besuch so gar nicht angelacht hat. Nun ist es endlich schön und warm und wenn wir ins Schwitzen kommen, ist das nächste, gut gekühlte Kasino nicht weit…
Wir nutzen unsere Zeit in der Grossstadt natürlich auch zum Einkaufen (u.a. im Outlet) und Waschen und geniessen wieder einmal fremdgekochtes Essen: diesmal sehr europäisch mit französischer Küche im Mon Ami Gabi im Paris und deftiger deutscher Kost im nachgebauten Hofbräuhaus. Letzteres ist ein Erlebnis für sich, da wir vom polyphonen Alleinunterhalter sogar ein extra Ständchen auf einem echten Schweizer Alphorn bekommen und eine nette Unterhaltung mit der ehemals Deutschen Kellnerin Kerstin führen.

 

Zurück im Saline Valley

Danach haben wir aber wieder Erholung – und vor allem kühlere Temperaturen – nötig und ziehen uns für zwei Nächte an die Lovell Canyon Road in den Spring Mountains auf über 1500 m / 5000 ft zurück. Wir erwischen natürlich gerade das Wochenende, und offenbar sind wir nicht die einzigen mit dieser Idee… Nach einigem Suchen finden wir dann doch auch noch ein Plätzchen zwischen den Wacholderbüschen und geniessen die tagsüber um 10 Grad kühleren Temperaturen und kalten Nächte.

Wir haben noch eine gute Woche Zeit, bis wir Fabian und Marion in Las Vegas treffen und mit ihnen einige Tage verbringen wollen, bevor sie die Overland-Expo in Flagstaff besuchen. Also nichts wie los ins Saline Valley! Unser Weg führt uns zuerst nach Pahrump NV, wo Mark gewohnt hat – vor wenigen Tagen haben wir erfahren, dass er von der schrecklichen, unheilbaren amyotrophen Lateralsklerose (Lou-Gehrig-Syndrom) erlöst wurde. Wir hatten ihn und seine Schwester Karen, die ihn gepflegt hat, im Januar auf dem Weg nach Süden noch gesehen. Damals schien es ihm sogar ein bisschen besser zu gehen, weshalb die Nachricht als besonderer Schock kam. Wir treffen Karen, die weiter im Haus wohnt und nun auch noch den ganzen Nachlass regeln muss, sowie ihre sehr liebe Tochter Olivia und verbringen einen schönen Nachmittag mit ihnen.

Nach einer Übernachtung auf den «Pads» ausserhalb des Death Valley NP, wo Ozy gleich noch einen Luftfilter für die Innenraum-Lüftung der Kabine installiert, geht es vorbei an blühenden Joshua Trees in den Bergen und via Bishop (Einkauf für die nächste Woche) ins Saline Valley. Im Bereich des North Pass ist es empfindlich kalt und wir entdecken sogar noch die letzten Schneereste entlang der Strasse. Überhaupt haben sich die Temperaturen plötzlich wieder abgekühlt und wir frieren die ersten paar Tage bei kaltem, stürmischen Wetter sogar ein bisschen, aber das ist ok, denn aufgrund der schlechten Wetterprognose hat es nur wenige andere Menschen bei den heissen Quellen. Wir freuen uns allerdings, Ben wiederzutreffen, der einige Tage mit uns verbringt. Wir geniessen die Zeit im Saline Valley sehr. Wir duschen und soaken ausgiebig, reinigen Pools und das Pit Toilet-Gebäude, gucken Flieger (dieses Mal wird uns besonders viel geboten – unter anderem mehrmals die beeindruckenden Boeing C-17 Globemaster III-Transportflugzeuge im Tiefflug), flüchten vor dem obligaten Sandsturm in unser Häuschen und ich sortiere Fotos und schreibe Blog. Gegen das Wochenende wird es dann wieder heiss und wir freuen uns, dass auch Dennis und Penny sowie Flipper und Cynthia den langen, holprigen Weg auf sich genommen haben und zu uns stossen.

 

Las Vegas zum 2.

Wir freuen uns schon sehr darauf, Fabian und Marion wiederzutreffen, doch kurz bevor wir uns auf den Weg nach Las Vegas machen, rufen sie uns an und teilen uns mit, dass sie die Reise absagen müssen, weil Fabians Mutter schwer erkrankt ist. Das tut uns so leid!!!

Eigentlich wollen wir ja Richtung Küste, aber wir müssen trotzdem nochmals nach Las Vegas, weil Ozy schon ein paar Dinge in den Amazon Locker bestellt hat, u.a. neue Tarps (bei unserem «tollen» Reimo-Tarp lösen sich Beschichtung und Kleber auf; die neuen sind diesmal auch aus etwas winddurchlässigerem Netz-Material).
Also nochmals zurück nach Las Vegas! Obwohl es einen grossen Umweg bedeutet, fahren wir wieder über den North Pass, weil die Strasse über den South Pass bei den letzten Niederschlägen noch stärker ausgewaschen wurde und offenbar noch schlimmer ist als wir sie im letzten November angetroffen haben. Dieses Mal fahren nehmen wir dann die nördliche Route über Beatty (mit Besuch des Nut & Candy Store… 😊 ) und bleiben vier Nächte an der Harris Spring Road am Mt. Charleston, wo es auch wieder erträglich ist. Unter Tags fahren wir jeweils in die Hitze von Las Vegas, wo wir unsere Pakete abholen, (schon wieder…) unser Bettzeug waschen, unserem Auto einen Ölwechsel gönnen, im Montana Meat Co. essen, ins «IMAX» Guardians of the Galaxy Vol. III gucken gehen (für ein IMAX finden wir die Leinwand etwas klein…) und das interessante, aber teure Mob Museum besuchen: Wir zahlen USD 44.95/Person für den «Deluxe Pass», der eine «Interactive Experience» beinhaltet (der normale Eintritt kostet USD 29.95). Wir haben uns für die Distillery «Tour» + Tasting entschieden, denn sie haben ihre eigene Moonshine-Destillerie im Keller. Die 25-minütige «Tour» besteht aus einem (gut und lebhaft vorgetragenen) Vortrag, bei dem man durch eine Glaswand in die kleine Destillerie gucken kann, sowie der Verkostung ihres klassischen, 100 Proof «Moonshine» (= corn whiskey) und dreier mehr oder weniger abenteuerlichen Geschmacksrichtungen (in unserem Fall Ingwer/Pfeffer, irgendwas mit Zimt sowie Vanille).

 

Am 16. Mai geht es dann los Richtung Norden mit nächstem Ziel Küste und dann Kanada. Was wir auf der Reise alles erleben, lest Ihr dann im nächsten Blog.

4 Gedanken zu „Wüstenwelten – Unterwegs mit dem ATV in der Sonora und Mojave Desert

  1. Hoi ihr zwei,
    Wie immer geniessen wir eure Berichte und freuen uns, dass es euch gut geht. Etwas Wehmut spielt da natürlich auch noch mit.
    Wir haben uns versucht hier wieder in die Arbeitswelt einzufügen aber ehrlich gesagt gelingt dies mehr schlecht als recht. Die Welt hier hat sich seit Covid ziemlich verändert (oder haben wir uns in den 3 Jahren Reise verändert ?).
    Liebe Grüsse und alles Gute weiterhin.

    1. Vielen herzlichen Dank, Ihr Lieben!
      Ja, das können wir uns gut vorstellen. Wir merken das sogar bereits, wenn wir auf „Heimurlaub“ sind…
      Alles Liebe und die allerbesten Wünsche!
      Steffi und Ozy

  2. Wie immer……. hast einmal angefangen zu lesen, kannst nicht mehr aufhören bis man durch.
    Spannend, informativ sehr schöne Bilder einfach top!!!!
    wünsch euch eine gute Zeit und freue mich schon auf den nächsten Blog.
    werde am 6. Oktober wieder al RL auf die Goldener Westen Rundreise gehen.
    hebeds guet liebi grüessli
    Werner

    1. Vielen herzlichen Dank, lieber Werner!
      Wir freuen uns sehr, dass Dir der Blog gefällt. Umso mehr, als dass Du die Gegend ja gut kennst.
      Wir grüssen Dich herzlich und wünschen schon jetzt eine tolle Rundreise im Herbst!
      Steffi und Ozy

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.