Some like it hot – vom Lake Itasca nach Las Vegas

Some like it hot – vom Lake Itasca nach Las Vegas

Nach unserer über 4’000 km langen Reise entlang des Mississippi sind wir nun am Lake Itasca angekommen, der offiziellen Quelle des Grossen Flusses. Hier befindet sich der Lake Itasca State Park, wo wir – wenn möglich – zwei Nächte bleiben möchten. Beim Eingang zum State Park ist wieder mal kein Mensch, dafür hat es eine «Information/Self-Service Station», einen Unterstand mit Karte, Infos und Telefon, wo man auch die obligate Day Use Fee von 7 $/Tag entrichten muss. Nach unserer kürzlichen Erfahrung im Pillsbury State Forest rufen wir gleich von dieser Station aus an, um zu hören, ob es überhaupt noch freie Plätze gibt. Statt wie gedacht mit dem Büro des State Parks wird man aber offenbar mit einer zentralen Parkverwaltung verbunden. Es wird ein sehr mühsames Gespräch, da die Dame auf der anderen Seite nur die Hälfte versteht und keine Ahnung zu haben scheint, dass sie auch einen Lake Itasca State Park haben. Und richtig interessant wird es, als ich ihr dann die Kreditkartendaten durchgeben soll… Nach etwa einer halben Stunde und schweissgebadet haben wir es schliesslich geschafft! Wir haben gerade noch zwei Plätze für zwei Nächte ergattert! (Eine Nacht elektrisch, die andere non-electric, d.h. wir müssen zwischendurch umziehen).  Wir stellen übrigens erst danach fest, dass man auch bei telefonischer Reservation «vor Ort» (sie war es ja offensichtlich nicht…) wie bei einer Online-Reservation auch, eine Gebühr von 10 $ obendrauf zahlen muss… (da das Telefon so lange gedauert hat, haben sie die Zusatzgebühr dieses Mal wenigstens verdient…).

Jetzt erst mal abkühlen! Es gibt einen richtigen Badestrand, inkl. Umziehkabinen, und wir stürzen uns voller Vergnügen in den angenehm temperierten See.  Als wir dann tiefenentspannt nach halb fünf (Check-In/Check-Out time ist hier 16 h!) unsere Campsite auf Bear Paw Campground beziehen wollen, stellen wir fest, dass sie besetzt ist. Und kein Mensch da… Wieder rein ins Auto und zum «Camping and Lodging Office», das es zum Glück im Park doch noch gibt, um festzustellen, ob mit unserer telefonischen Reservation überhaupt alles geklappt hat. Doch, hat es, informiert uns die freundliche Dame. Sie werde die Security avisieren und wir sollen doch einfach mal ein Stündchen oder so warten. Irgendwann kommen die Leute dann doch noch und räumen den Platz – mehr oder weniger. Den Abfall lassen sie zurück… Egal. Wir sind hungrig und müde und froh, dass wir einen Übernachtungsplatz haben. Am folgenden Tag räumen wir dann so gut als möglich auf (neben dem «normalen» Picknickabfall haben unsere Vorcamper auch eine grosse Flasche «destilliertes Wasser» und ein riesiges kaputtes Luftbett hinterlassen…).

Schon seit zwei Tagen ist der Himmel sehr trübe. Über allem liegt ein dicker Haze (Dunstschleier), der von den Waldbränden im benachbarten Kanada herüberzieht. Dies sorgt für eine seltsame Lichtstimmung und rote Sonnenuntergänge, die man aufgrund der stark bewachsenen Seeufer gerade so erahnen kann. Wir besuchen zuerst das Visitor Center mit Museum, bevor wir den Wilderness Drive fahren, der in einem grossen Bogen um den See führt. Von diesem aus kann man immer wieder Trails zu verschiedenen Themen und Sehenswürdigkeiten laufen und wir besuchen unter anderem die (ehemals) grössten Rot- und Weymouth-Kiefern, (vom Wald völlig überwachsene und damit unsichtbare) Indianische Grabhügel, den Afton Heights Feuerausguck, die historische Douglas Lodge und die Old Timer’s Cabin aus nur 4 mächtigen Stämmen. Dabei sehen wir Loons, diverse Schmetterlinge, Frösche und Wachteln, die immer wieder verschreckt über die Strasse rennen. Ozy fährt von der Lodge zum Campground und bezieht die neue Site, während ich entlang des östlichen Arms des Lake Itasca durch den Primärwald zurückwandere (der Hauptgrund für die Einrichtung des State Parks. Heute schützt der Park 25% des noch in Minnesota vorhandenen primären Kiefernbestandes).

 

Unsere 6 Monate in den USA laufen in etwas mehr als einem Monat ab. Wir sind sooo nahe an der kanadischen Grenze und alles könnte doch so einfach sein. Doch die Grenze ist wegen der unsäglichen «Corona-Massnahmen» immer noch zu! Wir überlegen hin und her und beschliessen dann, heimzufliegen und das Auto wieder in Las Vegas einzustellen, da es dort warm und trocken ist (wie warm ahnen wir nicht…).

Das bedeutet nochmals mindestens rund 2’600 km. Aber wir haben ja gut vier Wochen Zeit und kennen die Präriestaaten noch nicht. Also los!

Bei 18 Grad und Nieselregen (hatten wir ein Wetterglück übers Wochenende!) geht es auf Nebenstrassen durch eine schwach besiedelte Gegend. Durch Wälder und vorbei an Sümpfen und Seen fahren wir nach Südwesten, bis wir bei Detroit Lakes auf die US-10 stossen, die uns direkt nach Westen führt. Hier befindet sich auch die Grenze zwischen dem stark bewaldeten und dem weiten, rollenden, mit einigen Gewässern durchzogenen und fast ausschliesslich landwirtschaftlich genutzten Land. Bei Fargo (im Sommer viel freundlicher als im Winter… 😉 ), das direkt hinter der Grenze in North Dakota liegt, fahren wir auf die I-94, die uns noch zügiger Richtung Westen bringt. Auf dem Weg machen wir einen kleinen Abstecher zum National Buffalo Museum in Jamestown, ND, wo es neben einer kleinen, aber feinen Ausstellung auch ein paar echte Bisons zu sehen gibt. Auch «The Worlds Largest Buffalo Monument» befindet sich in der Nähe (wir beschränken uns jedoch darauf, die Skulptur aus der Ferne zu bewundern).

Wenig südlich von North Dakotas Hauptstadt Bismarck kommen wir für die Nacht im General Sibley Park unter, wo wir auf einen «alten Bekannten» treffen: den Missouri. Wir bleiben gleich zwei Nächte, weil uns der Park so gut gefällt. Neben einem Discgolf-Kurs, der rege genutzt wird, gibt es einen schönen 2 Meilen langen nature and interpretive trail, von dem aus man Rehe, Truthähne und Kaninchen beobachten kann, und am zweiten Abend findet auch noch ein Openair-Sommerkonzert statt.

 

Wir nutzen die zwei Tage, um uns zu überlegen, wie unsere Route weiter aussehen soll… Eigentlich würden wir doch gerne den Devils Tower und Mount Rushmore besichtigen, doch findet Ozy, dass dies zu stressig sei, haben wir doch auch noch den Canyonlands National Park auf unserer Bucket List… Lieber nochmals zurückkommen und den zentralen Norden in Ruhe angucken (es gilt ja auch noch Wyoming und Montana zu erkunden…).

Also ab nach Süden! Wir folgen dem Missouri auf der Staatsstrasse 1804 und lassen die Meilen unter uns durchziehen. Weizenfelder wechseln sich ab mit Mais und Weideland und immer wieder erblicken wir den zum Lake Oahe aufgestauten Fluss. Wir hatten vorher noch nie von diesem See gehört, aber mit 372 km Länge und 1500 km2 Oberfläche ist er nach Lake Mead, Lake Powell und Lake Sakakawea (in Zentral-North Dakota gestauter Missouri) offenbar das viertgrösste Reservoir der USA. Nach etwa 100 km überqueren wir die Grenze zu South Dakota. Wir steigen aus, um die Tafeln zu fotografieren – und werden fast weggeweht! Ein starker Wind bläst uns entgegen und lässt die nahen Getreidefelder wie einen gelbgrünen See mit Wellengang erscheinen.

Wir freuen uns, dass wir wieder im ehemaligen Neuland westlich des Mississippi unterwegs sind, denn es wird wieder einfacher, einen Übernachtungsplatz zu finden. Im Städtchen Gettysburg, SD, das den Reisenden mit einer grossen Tafel «Where the battle wasn’t» begrüsst (der Ort wurde 1883 durch Veteranen der Unionsarmee gegründet und nach der Schlacht benannt), darf man z.B. direkt im City Park mit Strom und sehr gepflegten WCs gratis bzw. gegen eine freiwillige Spende übernachten.

 

In Pierre, SD sehen wir den Missouri, der hier nach Südosten abbiegt, vorläufig zum letzten Mal. Wir behalten den Südkurs bei und folgen der US-83, die uns zunächst durch die Fort Pierre National Grasslands führt – das Prärie-Äquivalent zum National Forest. Südlich der I-90 sehen wir beim Vorbeifahren plötzlich eine Leuchttafel, dass die Strasse gesperrt sei oder so (es ging ein bisschen schnell…). Wir beschliessen, einfach mal zu schauen, und gelangen tatsächlich irgendwann an eine Baustelle, wo eine Brücke und ein Stück Strasse ersetzt werden. Und die Strasse komplett gesperrt ist…
Wir fahren mal vorsichtig näher und lassen das Fenster herunter. Nach einem Blick auf unser Gefährt meinen die freundlichen Arbeiter, dass die Strasse schon gesperrt sei, wir mit unserem Fahrzeug die Stelle aber schon umfahren könnten und erklären uns den Weg über ungeteerte Farmroads. Wir sind erleichtert, hätten wir doch sonst alles zurückfahren und dann noch einen ordentlichen Umweg machen müssen. Für «die Mühe» werden wir sogar noch mit einem schönen Blick über den White River und dem Beobachten einer Präriehundekolonie belohnt.

Bald gelangen wir nach Nebraska und können wieder gegen eine kleine Spende im hübschen City Park von Valentine, NE übernachten. Ganz in der Nähe gibt es einen schönen, wenn auch etwas sehr zugewachsenen Rundtrail und Discgolf-Kurs (passend zum Namen der Stadt sind die Trails und auch die Strassenschilder mit Herzen dekoriert). Es ist tagsüber jeweils bis zu 35 °C, doch ziehen wir die auch hier vorhandenen Duschen einem Bad im (zumindest von der örtlichen Wäscherei) leider als Abwasserkanal verwendeten Flüsschen vor.

 

Weiter geht’s durch die Prärie bzw. Grasslands. Die gewellte, hügelige Gegend wird immer trockener, geleichzeitig sind die Senken oft mit kleinen Seen und Sümpfen gefüllt. Felder (oder auch Bäume) gibt es nur noch in einigen halbwegs flachen und geschützten Niederungen und die Farmen liegen immer weiter auseinander. In North Platte, NE, das zwischen den Armen von North und South Platte River liegt, füllen wir den Tank und decken uns wieder einmal mit Vorräten ein, bevor wir Richtung Westen abdrehen.

 

Ab hier folgen wir so ungefähr der Strecke, die Ozy im Herbst 2019 während seines Roadtrips befahren hatte. Damals hatte es Ozy sehr gut in den Pawnee National Grasslands gefallen (in Nord-Colorado gelegen) und auch wir bleiben mit herrlicher Aussicht gleich 2 Tage stehen. Es ist heiss, aber da wir hier keine Nachbarn haben, können wir den Generator zum Glück immer wieder laufen lassen. Trotz der sommerlichen Temperaturen unternehme ich eine schöne Wanderung zu den Pawnee Buttes, die gerade so am Rand des National Grassland stehen bzw. als Einzelmonument geschützt sind.

 

Im nahen Cheyenne, WY statten wir zunächst dem Southeast Wyoming Welcome Center einen Besuch ab, um unsere Wasservorräte wieder aufzufüllen. Das Welcome Center ist riesig und neben dem üblichen Info- und Werbematerial bringt es auf sehr anschauliche Art die Sehenswürdigkeiten von Wyoming näher – inklusive komplettem Mastodonskelett! Wyoming wird dann definitiv einen Besuch wert sein!
Die ganze Stadt ist für die in der folgenden Woche stattfindenden Cheyenne Frontier Days (mit dem weltgrössten Outdoor Rodeo) geschmückt. Ich fände es toll, wenn wir das miterleben könnten, doch ist Ozy jetzt im «Roadtrip Mode». Er möchte nicht so lange warten und will die Pläne nicht ändern. Es gibt eine heftige Diskussion und schliesslich gebe ich enttäuscht nach. Wenn er so gar keine Lust und Freude daran hat, macht es mir auch keinen Spass. Immerhin setzten wir diesen Event auf unsere Bucketlist. Mit der richtigen Planung könnte sich nämlich auch Ozy dafür begeistern.
Wir nehmen uns aber noch die Zeit, den «Big Boy», die weltgrösste Dampflokomotive, im Holliday Park zu bestaunen und uns das sehr interessante Cheyenne Depot Museum anzuschauen, das sich mit der Geschichte der Transcontinental Railroad und insbesondere Cheyenne und dessen Verbindung mit der Union Pacific Railroad befasst. Der Dachboden wird von einem detailgetreuen HOn3-Modell der Colorado & Southern Railway von Harry W. Brunk eingenommen, der die einzelnen Abschnitte jeweils in seinem 20 x 3.7 m Mobilehome gebaut und darüber zwei Bücher geschrieben hat.

 

In Cheyenne endet die Ebene (die hier auch schon auf rund 1’850 m liegt) und wir kommen in die Rocky Mountains. Auf der I-80 überwinden wir – anders als die Eisenbahn im Jahr 1868 – mühelos den Sherman Summit auf 2’630 m ü. M. (der höchste Punkt der gesamten transkontinentalen I-80 und ehemals auch der höchste Punkt der First Transcontinental Railroad). Es mitten am Nachmittag und wir haben plötzlich grosse Lust auf Panda Express, den es laut Google in Laramie geben soll. Leider stellt sich heraus, dass es sich dabei nur um eine (geschlossenen) Dependance innerhalb des Campus der University of Wyoming handelt… Oh well. Ein Hamburger tut’s auch…
Wir müssen noch eine weite, von kleineren Gebirgszügen unterbrochene Hochebene überqueren, bevor wir im Medicine Bow-Routt National Forest einen hübschen Übernachtungsplatz auf einer blumenübersäten Waldlichtung finden. (Die riesigen hölzernen Schneezäune lassen erahnen, dass es im Winter hier oben nicht so gemütlich ist…). Irgendwie fühlen wir uns beide elend, kaputt und abgeschlagen und haben einen brummenden Kopf. Wir fragen uns, ob wir etwas aufgelesen haben, bis uns klar wird, dass wir hier auf 2’650 m ü. M. sind und vermutlich nach so langer Zeit im Flachland Probleme mit der Höhe haben. Wir werden aber sehr plötzlich und unsanft von unseren Beschwerden abgelenkt: wir haben unser Google Fi-Motorola meistens in der Mittelablage, wo es uns als Hotspot dient. Heute Abend wollte die Verbindung aber – wieder mal – nicht so richtig klappen und ich schleppe mich entnervt nach vorne, um den Anbieter manuell auszuwählen. Als ich das Gerät in die Hand nehme, bemerke ich, dass sich der Bildschirm ganz leicht wölbt! Der Akku beginnt sich zu blähen!!! Wir trennen das Gerät sofort vom Strom und legen es draussen in einiger Entfernung auf eine Felsplatte. Zum Glück haben wir es rechtzeitig gemerkt und das Teil ist nicht im Auto explodiert oder in Flammen aufgegangen! Die Wölbung bleibt stabil und Ozy rettet erst mal die Google Fi-Haupt-SIM-Karte, bevor er am nächsten Morgen den Akku ausbaut (die Arbeit, den Bildschirm zu entfernen, hat dieser uns immerhin schon selbst abgenommen…).  

Nach diesem Schrecken brauchen wir dringend etwas Entspannung! Da kommen uns die Hobo Hot Springs im nahegelegenen Saratoga, WY gerade recht. Nachdem wir über das Wifi der Stadtbibliothek einen neuen Akku bestellt haben, verbringen wir erst mal einige Zeit im heissen bis sehr heissen, in einem Schwimmbad gefassten Quellwasser (man könnte auch in sehr flachen, nur mit Steinen aufgestauten Pools im Fluss baden, wir ziehen das tiefere Wasser im Schwimmbad aber vor…). Im Bad schliessen wir Bekanntschaft mit zwei sehr netten Damen, von denen uns eine sehr freundlich einlädt, doch einmal bei ihr in Philadelphia vorbeizuschauen.

 

Die I-80 führt uns weiter über Gebirgszüge und Hochebenen bis Green River, WY. Hier hatte Ozy schon im Jahr 2019 übernachtet und auch wir schlagen auf dem mesa-förmigen White Mountain unser Lager auf. Das Licht hier ist ganz speziell und wir geniessen die grandiosen Sonnenauf- und untergänge und den atemberaubenden Blick über das farbige Tal. (Das Foto, das Ozy im 2019 von unserem Auto gemacht hat, wurde sogar in den TDR Calendar 2020 aufgenommen!). Es ist so schön, dass wir uns entschliessen, noch eine Nacht zu bleiben. Eine Entscheidung, die ich bereue, als ein heftiges ein Gewitter aufzieht. Ich weiss nicht, was Ozy durch den Kopf geht, aber zumindest mir ist es zuäusserst auf dem hohen Hügelsporn inmitten tosender Sturmböen, niederfahrender Blitze und am Auto abprasselndem Sand nicht mehr ganz so wohl…

 

Meine Zweifel (und Visionen von uns samt Auto unten im Tal) erweisen sich glücklicherweise als unbegründet. Wir erleben den Morgen intakt und wollen als nächstes dem nahegelegenen Flaming Gorge Reservoir einen Besuch abstatten. Es ist heiss und es ist uns definitiv nach Abkühlung zumute! Rund um den See in der Flaming Gorge National Recreation Area gibt es zahlreiche «wilde» Stellplätze, die jetzt am Wochenende allerdings gut besucht sind… Trotzdem finden wir noch ein brauchbares Fleckchen (vielleicht auch, weil da ohne 4 WD und High Clearance nicht jeder hinkommt…) mit einer hübschen Badebucht gleich ums Eck.  

 

Via Flaming Gorge Dam geht es durch eine spannende Landschaft in einem Bogen wieder zurück zur I-80 (wieso das Reservoir «Flaming Gorge» heisst, wird uns erst auf dieser Seite klar…). In immer dichterem Verkehr fahren wir durch einige Basins und über ein paar Pässe und dann sind wir in Salt Lake City, wo wir als erstes den neuen Akku für den Google Fi im Locker abholen. Den Haze von den diversen Waldbränden, die wie jeden Sommer in Kanada und in den Rockies wüten, sind wir seit Nord-Minnesota nie mehr ganz losgeworden. In und um Salt Lake City ist es wieder ganz schlimm, es herrscht ein richtiger «Hochnebel». Dazu kommen noch Temperaturen von über 40 Grad, so dass wir uns nicht danach fühlen, auf Antelope Island mitten im Salzsee zu übernachten… Stattdessen ziehen wir uns in die über 2’700 m hohen Wasatch Mountains nordöstlich der Stadt zurück, wo es sich bei 25 Grad gut aushalten lässt. Die Fahrt dorthin ist allerdings der Horror (zumindest für mich – Ozy nimmt es zum Glück noch relativ gelassen): Die Zufahrt von Farmington her ist einspurig und stark gewunden, die bröcklige Strassenkante weder mit einer Leitplanke versehen noch vor dem Abrutschen gesichert. Zudem ist es Samstagnachmittag und es herrscht reger Gegenverkehr in Form von ATVs und Jeeps, die die Strecke fahren, als gäbe es kein Morgen – und die jeweils sehr abrupt abbremsen, wenn sie sich nach einer schwungvoll gefahrenen Kurve vor unserem Kühler wiederfinden…

Der völlig zugewachsene und für die spärliche Ausstattung unserer Meinung nach überteuerte NF-Campground auf dem Berg (gemanagt von einer «Utah Recreation Company») gefällt uns nicht, aber wir haben Glück und finden einen schönen Platz direkt zu Füssen des Bountiful Peak. Nach unseren Erfahrungen mit dem Freizeitverkehr bleiben wir gleich das ganze Wochenende über stehen und geniessen in Ruhe die wunderbare Aussicht auf den Haze, unter dem sich irgendwo Salt Lake City verbirgt, sowie den Anblick der vielen ATVs und Jeeps, die in den Bergen herumkurven. Am Abend sehen wir rundum Feuerwerk – wissen die, das ich morgen Geburtstag habe? 😉 – und bewundern den noch fast vollen Mond. (Es handelte sich übrigens um die Festivitäten zu den Utah Pioneer Days, die jeweils am 24. Juli begangen werden).
Zur Feier des Tages besteige ich am nächsten Tag den 2’822 m hohen Gipfel und trage mich ins «Gipfelbuch» ein (ok, bei einem Höhenunterschied zum Lagerplatz von rund 50 m war das keine grosse Leistung, aber trotzdem).

 

Am nächsten Tag wagen wir uns wieder hinunter, diesmal auf der Südroute in Richtung Bountiful, die als «Scenic Backway» (das gibt’s auch!) ein bisschen besser ausgebaut ist; ein bisschen weiter unten wird die Strasse angenehm breit und es gibt sogar Leitplanken! Yipee!

Ozy meint, ein Platz am Utah Lake wäre doch nett. Es tönt so, doch als wir dort ankommen, entpuppt sich die (freie) Übernachtungsmöglichkeit als sehr heisser Wüstenflecken mit einem Haufen herumliegendem Abfall, einem See, dem wir lieber nicht zu nahe kommen, und vielen Moskitos. Also weiter, am besten wieder etwas in die Höhe. Nicht allzu weit südöstlich des Utah Lake folgen wir der Mt. Nebo Road in den Spanish Fork Ranger District (Uinta-Wasatch-Cache National Forest), wo es neben zahlreichen – entweder geschlossenen oder vollen – Campgrounds auch freie Stellmöglichkeiten gibt. Auch diese sind sehr gut besucht, oft von Gruppen, die gleich ihre Pferde mitgebracht haben, aber wir finden gerade noch rechtzeitig ein Plätzchen auf einer Lichtung mit weiteren Campern, bevor es dunkel wird. Leider ist dann die Fortsetzung der Strasse wegen Waldbrandschäden und Wiederaufforstung gesperrt, so dass wir am Morgen die gleiche Strecke wieder zurückfahren.

 

Auf der US-6 durchqueren wir die Wasatch Mountain Range und gelangen bei Helper, UT in noch trockenere Regionen.
Ozy ist bei seinen Recherchen zu einem Übernachtungsplatz auf den Crystal Geysir südlich von Green River, UT gestossen. Ich liebe Geysire und so fahren wir auf rumpeligen Pisten zum Ufer des gleichnamigen Flusses, wo wir eine grosse, in allen Schattierungen von Orange leuchtende Travertinterrasse mit einem daraus aufragenden Eisenrohr vorfinden. Als wir vorsichtig den Finger in den flachen Pool stecken, ziehen wir ihn schnell und sehr überrascht wieder heraus: das Wasser ist 17 °C kalt! Der Geysir, der 1935 beim Bohren nach Öl in 800 m Tiefe erzeugt wurde, ist ein Kaltwassergeysir! Die Ausbrüche werden durch Kohlenstoffdioxid (CO2) verursacht, ein ähnlicher Effekt wie das Aufschäumen von Mineralwasser, wenn man die Flasche öffnet. Es dringen gurgelnde und blubbernde Töne aus dem Rohr und zwischendurch läuft weiss schäumendes Wasser über, während oberhalb des Rohres die Luft ob der freigesetzten Gase wabert. Trotzdem bleibt eine richtige Eruption aus. Wir haben gelesen, dass die Abstände zwischen den Ausbrüchen 8 bis 27 Stunden betragen können, aber wir haben keine Ahnung, wann er das letzte Mal ausgebrochen ist. Da machen wir es uns erst mal gemütlich und plaudern zwischendurch mit einer Gruppe von Kayakern, die auf einem mehrtägigen Green River Trip ist. Ausser uns sind noch zwei Camper auf dem Platz, wie wir in Erwartung eines Ausbruchs. Aber passieren tut nichts.
Nach einer ruhigen und – dank Klimaanlage mit Generatorunterstützung einigermassen angenehmen Nacht – frühstücken wir sehr gemütlich. Unsere Nachbarn sind alle schon wieder weg und auch wir wollen schon langsam zusammenpacken als dann der Geysir endlich doch noch ausbricht! Am Anfang schiessen richtige Fontänen hoch (nach Internet können sie bis 15 m hoch werden, bei uns waren sie wohl maximal 4-5 m), die bald durch stossweise Ausbrüche des mit CO2 gesättigten Wassers von fast schlagsahneähnlicher Konsistenz abgelöst werden. Cool!

Das Gebiet gehörte von den 1960er Jahren bis 1979/1983 zum Green River Launch Complex der knapp 1000 km entfernten White Sands Missile Range in New Mexico, die von hier aus mit Pershing- und Athena-Raketen beschossen wurde. Ozy interessiert sich immer für sowas, weshalb wir anschliessend die nicht weit entfernten, alten Wellblech-Gebäude und Abschuss-Pads erkunden, die immer noch zu sehen sind.

 

Jetzt geht’s aber zum Canyonlands National Park! Die Gegend wird farbig und immer farbiger und bald gelangen wir zum Island in the Sky-Visitor Center, wo wegen der «Gesundheits-Vorschriften» wieder einmal arme Ranger in der Bruthitze vor dem Gebäude stehen müssen (wie zuträglich das deren Gesundheit ist, sei mal dahingestellt…). Nach der visuellen Inspektion unseres Gefährts und der Versicherung, dass wir 4WD and high clearance haben (d.h. echten Vierradantrieb und ausreichend Bodenfreiheit), bekommen wir für pauschal 36 $ die Erlaubnis, die White Rim Road zu fahren. Die Anzahl Fahrzeuge pro Tag ist aufgrund der schmalen Strasse limitiert, übernachtet werden muss auf einem der 9 designierten primitive campgrounds, die mehr oder weniger regelmässig entlang der Route verteilt sind (wenn man nicht gerade wie wir in der heissesten Zeit unterwegs sind, empfiehlt sich eine vorgängige Reservierung…).
Die White Rim Road windet sich auf dem gleichnamigen Plateau auf halber Höhe zwischen der allen zugänglichen Mesa-Oberfläche und den Canyons von Green bzw. Colorado River um die «Island in the Sky» (auf der Westseite senkt sich die helle Schicht dann bis zum Green River). Zum Permit gehört auch die obligatorische Reservation spezifischer Campsites und wir haben Glück, dass es noch zwei freie Plätze gibt (das Befahren des 161 km langen Trails dauert durchschnittlich 2-3 Tage). Wir kennen den Park noch gar nicht und werden von der freundlichen Rangerin im Uhrzeigersinn geschickt (meiner persönlichen Meinung nach sollte die Strasse nur in einer Richtung befahren werden dürfen, da viele Abschnitte steil, einspurig und komplett unübersichtlich sind). Ich maule zwar, weil ja dann die «schöne Aussicht auf die Canyons» immer auf der Fahrerseite liegt, aber am Ende bin ich sehr froh, dass es genau so war – die Piste führt teilweise sehr, sehr nahe am Abgrund entlang… Unser erster Übernachtungsplatz wird der «Murphy Hogback A» sein, der sich auf etwas mehr als der Hälfte der Strecke befindet. Dieser ist allerdings nach Auskunft der Rangerin ungefähr 5.5 h entfernt und es ist schon 13 Uhr… Egal! Wir schaffen das!

Es geht also los ins Abenteuer! Vom Canyonrand aus führt der 8 km lange, steile und gewundene, aber ansonsten recht gute und mit zahlreichen Ausweichstellen ausgestattete Shafer Trail auf den fast 500 m tiefer liegenden «White Rim» hinunter (es hat auch immer wieder Gegenverkehr). Beim «Weissen Rand» handelt es sich um einen harten, hellen Sandstein, der weniger stark erodiert ist als die darüberligenden orangen, roten und beigen Formationen, und der seinem Namen dadurch sehr gerecht wird. Am Ende des Shafer Trails würde die Potash Road Richtung Moab führen, wir biegen aber rechts auf den Trail ab, nachdem Ozy den Reifendruck verringert hat.

Von der Abzweigung ist unser Übernachtungsplatz noch rund 60 km entfernt und wir witzeln ein bisschen über die Besorgnis von wegen 4×4 und High Clearance und geniessen die Fahrt. Wir sind total begeistert von der Gegend! Für uns ist es wie eine Mischung aus Grand Canyon, Monument Valley und Brice Canyon. Absolut spektakulär und atemberaubend! Ozy muss immer wieder anhalten, damit ich Fotos machen kann (es werden am Schluss über 500 Fotos und Videos. Schluck). Am Musselman Arch treffen wir auch auf eine Gruppe mit Mehrplätzer-Geländewagen, deren Leiter mir erklärt, dass der Felsbogen der Endpunkt der typischen Jeeptouren sei.

Sobald wir weiterfahren, wird uns auch klar, wieso: ab hier wird die «Erdstrasse» zur Piste. Der felsige, mit kleinen Rippen, Unebenheiten und der gelegentlichen Stufe durchzogene Boden erlaubt meistens nur noch Schrittempo…
Trotzdem nehmen wir uns die Zeit, die tolle Landschaft und das Spektakel rund herum stattfindender Gewitter zu geniessen und finden immer noch, dass die Vorgaben vielleicht etwas übertrieben seien.
– Bis wir zu Murphys Hogback kommen…

Jetzt, ganz kurz vor dem Ziel, stellen wir fest, dass es sich dabei um eine Felsrippe handelt, die auf einer sandigen, von Stufen und (von Vorfahrern gegrabenen) Löchern durchzogenen, schmalen Piste erklommen werden will.
Aus den 5.5 h waren vor lauter Staunen und Fotografieren 7 Stunden geworden und es wird nun schnell dunkel. Ozy weiss, dass er genau eine Chance hat, hinaufzuklettern – rückwärts möchte er diesen seitlich steil abfallenden Anstieg nicht rollen müssen, um nochmals Anlauf zu holen. Also Untersetzung ‘rein und stetig über alle Steine und Stufen hochkraxeln, ohne, dass er viel sehen würde. Ich halte den Atem an und bete, dass das gut geht. Doch Ozy hat es natürlich wieder voll im Griff und sehr erleichtert kommen wir gut oben an. Braves Auto! Und braver Ozy!
Nun noch die Campsite finden (wir sind die einzigen auf dem ganzen Hogback! 😊 ), die gerade noch erkennbare Aussicht geniessen und verdienten Feierabend machen!

 

Am nächsten Morgen stehe ich zeitig auf, um den Sonnenaufgang über der faszinierenden Canyonlandschaft zu bewundern. Bereits um 9 h, wir sind gerade fertig mit dem Frühstück, tauchen bereits die Fahrzeuge der nächsten Gruppe auf, die für heute unseren Übernachtungsplatz gebucht hat! Es sind Väter, die mit ihren Autos eine Gruppe Jugendlicher auf Fahrrädern begleiten, und nun bereits das Lager aufschlagen und alles für die Ankunft der Sportfraktion vorbereiten wollen… Wir geben ein bisschen Gas und machen uns bald auf dem Weg zum nächsten, nur etwa 33 km / 4 Stunden entfernten «Potato Bottom C», wo wir heute Abend übernachten werden.

Was hoch kommt, muss auch wieder runter: Zunächst geht auf einer steilen, teils mit Überhängen «ausgestatteten» Piste wieder auf den White Rim hinunter. Ich filme die fiesesten Stellen und nehme mir fest vor, einen Film daraus zu machen (wenn ich mal viiiiieeeel Zeit habe…). Die Strecke bleibt rumpelig, aber so, dass wir auch die grandiose Aussicht auf das Soda Springs Basin und den Green River geniessen können. Immer wieder bleiben wir staunend an den steilen Abbrüchen der Seitencanyons stehen und betrachten mit mulmigem Gefühl den «Black Crack», einen langen und sehr tiefen Spalt im White Rim. Die Piste changiert immer wieder zwischen ein bisschen weniger rumpligem, jedoch von mehr oder weniger tiefen Wasserläufen durchzogenem Sand und etwas rumpligerem Felsuntergrund. Zügig Fahren ist auch hier nicht möglich. Schliesslich kommen wir auf dem «Kartoffelgrund» an, wo es einige hübsche Cottonwood-Bäume gibt, es aber spürbar heisser ist als auf dem luftigen Murphy Hogback…

Ein kleiner Ausflug Richtung Green River zeigt schnell, dass es hier ähnlich ist, wie am Rio Grande: das Ufer ist von einem dichten Saum Vegetation umgeben und wenn man sich durchgekämpft hat, steht man an einem hohen, sandigen Steilufer, dem man besser nicht allzu nahe kommt…

Es ist nicht umsonst so drückend. Am Abend ziehen wieder allseits Gewitter auf. Innert Kürze fällt die Temperatur von fast 40 auf unter 25 Grad – und steigt nach Ende des Gewitters sofort wieder auf 30 Grad an…. Wir unten im Canyon bekommen aber nur einen Staubsturm und ein paar Tropfen ab.

 

Am nächsten Morgen frühstücken wir wieder gemütlich und sehen einen Subaru vorbeifahren. Ok, wie war das jetzt nochmals mit der High Clearance? (Immerhin ist es kein Prius… 😉).

Als wir aufbrechen wollen, öffne ich die Türe und stehe direkt vor einem Mann, den ich im ersten Erstaunen nach den gestrigen Erfahrungen leicht genervt frage, ob er jetzt auf unsere Campsite wolle (Ozy zieht mich noch tagelang damit auf). Es stellt sich aber schnell heraus, dass Derrick und Lynette mit ihrem Subaru nicht mehr über den «Hardscrabble Hill» kommen und froh wären, wenn wir sie unterstützen könnten. (Es ist zwar fies, aber insgeheim bin ich doch ein ganz klein wenig befriedigt – war das mit dem 4×4 und High Clearance also doch nicht ganz umsonst…).

Wir machen alles bereit für die Abfahrt und Ozy und Derrick lassen am Subaru erst mal Luft ab. Wir fahren vor den beiden her, um sie im Notfall ziehen zu können. Derrick meistert jedoch alles prima, bis zu einer fiesen Stelle, wo es am Ende eines steilen Abschnitts scharf rechts geht und schon unzählige Autos vor ihm ein tiefes Loch gegraben haben. Er probiert es einmal, zwei Mal. Die elektronischen Systeme nehmen aber beim Traktionsverlust kurz vor der Kurve immer so viel Leistung weg, dass das Auto stehen bleibt und Derrick wieder rückwärts hinunterrollen muss (bei der unübersichtlichen Strasse ohne seitliche Befestigung nicht lustig). Ozy geht schliesslich hinunter und wirft einen Blick ins Auto. Die Ranger hatten ja gemeint, dass auch der Subaru White Rim Road-tauglich sei (Lynette sagt, sie würde diesen Punkt gern nochmals mit ihnen diskutieren…). Er entdeckt schliesslich den X-Mode-Knopf, der für genau solche Situationen gedacht ist. Und siehe da: mit aktiviertem X-Mode schafft es Derrick, die haarige Stelle zu überwinden!

Von da an ist die Piste nicht mehr so schlimm, einfach sehr schmal und teils mit Überhängen (ich bin wirklich sehr froh, sind wir im Uhrzeigersinn unterwegs und nicht in die andere Richtung…).

Schliesslich haben wir das Ende unserer Tour erreicht und überwinden im Mineral Canyon erneut in zahlreichen Haarnadelkurven spektakuläre 300 m Höhe. Dann nochmals 300 m Höhenunterschied (auf 21 km) und wir sind wieder auf der Hauptstrasse. Was für eine Fahrt!

 

Wir unterhalten uns noch etwas mit Derrick und Lynette, die uns zum Dank spontan zum Znacht in Moab einladen. Wir finden die beiden sehr sympathisch und sagen zu.

Jetzt müssen wir aber erst mal einen Übernachtungsplatz finden… Wir haben Glück und kommen auf dem Slickrock Campground unter, wo wir erst mal wieder genüsslich duschen und ich gleich eine Ladung Kleider wasche (die Übernachtung kostet rund 42 $, wir haben aber das Gefühl, dass es hier sehr noch viel teurer wird, da der Platz aktuell eine halbe Baustelle ist, die Duschen/WCs aber bereits sehr edel erneuert wurden…). Ganz in der Nähe haben wir ein deutsches Nummernschild erspäht. Wir freuen uns, endlich wieder mal Reisende zu treffen und gehen «Hallo» sagen. Es handelt sich um eine nette junge Familie, die ein halbes Jahr unterwegs sind und wir verbringen den Nachmittag mit angeregten Gesprächen. Bald geht es nach Moab und wir geniessen mit Derrick und Lynette einen gemütlichen Abend bei feinem Essen (nochmals vielen herzlichen Dank für die liebe Einladung!).

Am nächsten Tag schauen wir uns den Island in the Sky-Teil des Canyonlands Nationalpark auch noch von oben an. Der Blick von den Aussichtspunkten ist auch von hier atemberaubend, aber auf der White Rim Road ist man viel näher und unmittelbarer dran, wie wir finden. Ausserdem hat es hier oben viel mehr Menschen…

 

Ich würde gerne noch den nahe gelegenen Arches Nationalpark besuchen und vielleicht auch noch einen Blick in die anderen, schwieriger zugänglichen Teile vom Canyonlands Nationalpark werfen, aber Ozy drängt. Es gibt einfach zu viel zu sehen für die kurze Zeit, die uns noch bleibt. Also weiter und mit mehr Zeit nochmals hierherkommen!

Während eines langen Fahrtages geht es über 500 km nach Süden, wo wir auf die Route treffen, die wir 2019 mit Franz gefahren waren. Wir passieren Kayenta, AZ und Page, AZ und gucken uns den Glen Canyon Dam an (das Besucherzentrum ist wieder mal wegen Covid gesperrt…). Wir wollten eigentlich am Lake Powell übernachten, doch passt uns die Gegend überhaupt nicht (siltige Piste, sehr karge Gegend und es sieht schon wieder verdächtig nach Gewitter aus, die die Piste vermutlich in Schlamm verwandelt). Zum Glück finden wir nur rund 40 km entfernt den einfachen White House Campground im äussersten Zipfel des Grand Staircase Escalante National Monuments. Von hier aus könnte man 6 km zum Paria Canyon laufen (der längste Slot Canyon der Welt). Ich gehe mal zum Trailhead gucken, doch erscheint mir die Wanderung aufgrund des hohen Paria Rivers und des sehr unbeständigen Wetters nicht angeraten.

 

Nach dem langen Fahrtag gestern geht es heute nur bis ins gut 200 km entfernte St. George, wo wir auf dem auf rund 1’800 m gelegenen Oak Grove Campground (Dixie National Forest) übernachten wollen. Leider sind Strasse und Campground wegen extremer Feuergefahr gesperrt, doch finden wir nach einigem Suchen in der Umgebung ein Plätzchen mit schöner Aussicht.

 

In drei Tagen haben wir mit unseren Freunden Vicki und Steven abgemacht. Irgendwie müssen wir die Zeit dorthin noch durchbringen. Auf den nahegelegenen Zion NP haben wir keine Lust, da Hochsaison, und um die umliegenden National Monuments (Escalante, Vermillion Cliffs) zu erkunden, reicht die Zeit nicht. Abgesehen davon ist es tagsüber mit 40 °C zu heiss, um wandern zu gehen.

Ich bin für den Mount Charleston, doch Ozy hat die grossartige Idee, an den Lake Mead zu fahren. See = kühler, das leuchtet ein. Wir fahren also zum Stewarts Point, wo wir nach einer lausigen Piste einen hübschen Platz am See finden. Es ist einfach nur heiss! 48 °C, um genau zu sein!
Also ab ins Wasser, sobald die Sonne etwas tiefer steht. Die erhoffte Abkühlung stellt sich leider nicht ein – das Wasser in der Bucht ist am Abend auch 32 °C!
Am Morgen ist es dann «nur» noch 28 Grad, aber auch das reicht, um unsere Sachen zu packen und diesen ansonsten hübschen Ort schnell zu verlassen.

Anstatt jetzt endlich Richtung Mount Charleston zu fahren (wie von mir mehrfach vorgeschlagen) machen wir noch einen Versuch mit dem unterhalb des Hoover Dam gelegenen Colorado River, der sein Wasser aus den tieferen Schichten des Lake Mead erhält und deshalb kühler sein müsste.
Unser vorgesehener Übernachtungsplatz wäre nicht allzu weit entfernt, wir fahren aber absichtlich einen grossen Umweg bis fast nach Needles und dann an Bullhead City vorbei zurück bis zum Eldorado Valley, um den Tag in der Kühle unseres Autos verbringen zu können und Strom für die Klimaanlage zu produzieren, die die Wohnkabine auf einigermassen annehmbaren Temperaturen hält. Schliesslich erreichen wir die Bucht am Ende des Aztec Wash, wo wir im Frühling mit Fabian und Marion waren.
Du dummerweise ist es hier unten in der tiefen Schlucht noch heisser. Gemäss Auto-Thermometer 54 °C!
Wir hüpfen schnell ins Wasser (wenn schon, denn schon, aber der Colorado ist mit 27 °C auch nicht wirklich viel kühler…) und tuckern dann sofort wieder die gewundene Atztec Wash Road hinauf. Als wir wieder auf dem Berg sind geht gerade die Sonne unter und wir bleiben gleich oben stehen (hier kühlt es in der Nacht wenigstens bis auf 29 °C ab).

 

Am nächsten Tag gehen wir erst mal im Railroad Pass Travel Center duschen (nicht so wirklich empfehlenswert). Danach besuchen wir unseren Freund Mark, der in Henderson im Spital liegt.

Und dann, endlich, ziehen wir uns für zwei Nächte auf den Mount Charleston zurück, wo es – auf gut 2100 m – nur noch 30 °C ist und vor allem auch in der Nacht auf unter 20 Grad abkühlt. Die Campgrounds sind voll, aber wir haben Glück und dürfen zwei Tage in der Kyle Canyon Picnic Area übernachten.

Um Strom zu sparen hatten wir die Klimaanlage am Morgen abgestellt und erst wieder laufen lassen, als wir in Henderson abfuhren. Als wir auf dem Mount Charleston ankommen, stellen wir fest, dass sie nicht mehr läuft. Gar nicht!
Was nun?

Es beginnt die Fehlersuche… Vorgestern sind wir mit eingeschalteter Klimaanlage die steile Atztec Road hinaufgerumpelt. Könnte das den Kompressor beschädigt haben? Oder hat sie überhitzt, weil wir sie um Strom zu sparen am Morgen abgestellt haben und erst wieder laufen liessen, als wir in Henderson abgefahren sind (und das Innere wohl schön warm war)? Es bleibt vorläufig nichts anderes als Abwarten und Tee trinken…

Ozy probiert immer wieder mal, aber sie springt einfach nicht an. Als wir nach 6 Stunden schon völlig deprimiert sind, probiert er es am späteren Abend nochmals.
Und siehe da: Sie geht!!! Juhuuuu!!!!

Wir finden dann heraus, dass die (zugegebenermassen kleine) Anlage – ganz auf europäische Bedürfnisse zugeschnitten – eigentlich nur für Temperaturen bis 40 Grad gedacht wäre. Bei Temperaturen bis gegen 50 Grad bei einem nach dem Stehen auf dem Parkplatz wohl fast gleich warmen Innenraum sowie nicht ganz perfekter Luft-Abführung hat sie kapituliert und wegen Überhitzung abgestellt (wir bräuchten bei solchen Temperaturen wohl eine Klimaanlage für die Klimaanlage…). Nun ist die Welt wieder in Ordnung!

Wir geniessen den Schatten der Föhren und die Kühle auf dem Berg und am nächsten Tag mache ich am Morgen eine schöne Wanderung in den Fletcher Canyon (ich bin gerade noch rechtzeitig zurück bevor es sogar hier oben wieder zu warm wird).

 

Am nächsten Tag fahren wir nach Pahrump, um zu Marks Haus und Autos zu schauen, bevor wir zu Steve und Vickis Haus fahren. Wir freuen uns sehr, die beiden wiederzusehen und geniessen die Woche mit ihnen beiden in ihrem klimatisierten Haus, während wir unser Gefährt und uns selbst so gut als möglich für den Rückflug in die Schweiz vorbereiten.

Auf Wiedersehen!
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