Vogelzug – Winterferien im Süden

Vogelzug – Winterferien im Süden

Zurück zu unserem Häuschen

Nach unserem Heimurlaub geht es wieder zurück zu unserem Dihei, das in Las Vegas ungeduldig auf uns wartet. Nachdem es die ganze Zeit (zu) warm und trocken war (für einen Schweizer Winter), kommen natürlich genau heute morgen früh Kälte und Schnee… Aber dank Franz schaffen wir es rechtzeitig auf den Zug und mühen uns durch die mehrstufigen Sicherheitskontrollen (Ozy wird sogar noch nach dem Zufallsprinzip für einen Zusatz-Check hinter den schwarzen Stellwänden direkt am Gate ausgewählt…).
Endlich im Flugzeug verzögert sich der Abflug noch mehr, da zuerst noch die Tragflächen enteist werden müssen. Dafür rollt das Flugzeug zu einem speziellen Platz, wo wir – mit Logenplatz direkt über dem Flügel – fasziniert zuschauen, wie die Tragflächen von speziellen Fahrzeugen sorgfältig mit dem orangen Enteisungsmittel eingesprüht werden.
Dann geht’s endlich los. Doch statt Kurs auf die USA zu nehmen, fliegen wir erst mal halb nach München. Wir wundern uns, ob sich der Pilot verflogen hat (oder wir im falschen Flugzeug gelandet sind), doch irgendwann dreht das Flugzeug in die richtige Richtung und wir können den Flug dank Upgrade auf United Premium Plus geniessen. Zumindest bis zum Umsteigen in Newark, denn die restlichen 6 Stunden bis Vegas sind wir dann wieder «normal» unterwegs.

In Las Vegas angekommen, müssen wir recht lange aufs Gepäck warten, dafür klappt das Ubern zum Hotel dank guter Organisation im Flughafen wieder problemlos.
Dieses Mal haben wir uns das Vdara Resort and Spa ausgesucht, wo wir eine schöne Suite für rund 100 Franken bekommen (das Hotel ist denn auch etwas vom Strip zurückversetzt und man läuft ein schönes Stück – wenn man möchte quer durch das luxuriöse Bellagio – bis man dort ist…).
Als wir an der Reception anlangen, kommt die unangenehme Überraschung: Sie wollen noch die Resort-Fee, die sich in Las Vegas so eingebürgert hat und die vermeintlich günstigen Zimmer plötzlich teurer werden lässt. Hier beträgt sie diese Resortgebühr sogar sagenhafte 59 USD… Wir sind müde und wollen nicht diskutieren. Immerhin ist das Bad in unserer Suite dann mindestens vier Mal so goss wie unser Dihei und wunderschön. Das hoteleigene Spa, das nach Europäischem Vorbild gestaltet ist und auf den Bildern wunderschön aussieht, können wir aber leider nicht geniessen, denn das hat nur von 8 Uhr morgens bis 6 Uhr abends geöffnet…
Am nächsten Morgen können wir es kaum erwarten, zu unserem Häuschen zu kommen. Trotzdem will ich noch einen Versuch betreffend Resort Fee wagen, denn ich hatte gelesen, dass man versuchen könne, diese unsägliche Zusatzgebühr zurückzuverlangen, wenn man die Angebote nicht nutzen kann. Die Dame an der Reception meint, die Gebühr sei ja nicht nur fürs Spa, sondern auch für andere «Amenities» wie das WiFi…. Ich schaue sie ungläubig an und meine, dass 59 Dollar für etwas, das heutzutage selbstverständlich ist, dann doch etwas viel seien. Es war ein Versuch, trotzdem bin ich ob der lahmen Ausrede ziemlich verärgert und murmle beim Gehen, dass wir wohl das letzte Mal hier gewesen seien. Und siehe da: Einen Tag später ist die Resort Fee wieder auf dem Kreditkartenkonto! (Was fürs Hotel dann in einer positiven Rezension auf Google resultiert hat..

So, nun aber (wieder per Uber) mit dem ganzen Gepäck zur Storage! Ozy ist überglücklich, unser Gefährt wohlbehalten vorzufinden. Der nächste Ärger wartet allerdings im Office, denn inzwischen wurde unsere Lieblingsstorage bekannterweise von US Storage Centers, übernommen, die landesweit expandiert und überall Lager aufkauft. Nicht nur, dass sie – wie erwartet – die Preise erhöht haben (und weiter erhöhen werden), nun können sie auch das Depot von einer Monatsmiete nicht wie früher direkt auf die Kreditkarte zurückbuchen, sondern bestehen darauf, sie innerhalb von zwei Wochen in Form eines Checks per Post zuzusenden…!!! So ein Mist!!! Nachdem Ozy bestätigt bekommt, dass jeder den Check einlösen könne, lassen wir ihn zu Steve und Vicki schicken, mit der Idee, dass sie ihn für sich brauchen können, denn sie haben uns schon so viel Gutes getan und so viel geholfen. (Nachtrag: natürlich klappt das nicht und statt ihnen etwas Gutes zu tun, verursachen wir Ihnen noch Aufwand, indem sie den – statt nach zwei erst sechs Wochen später eingetroffenen – Check netterweise zu Bill in Yuma senden, wo wir ihn dann aufpicken können…). Da werden wir uns eine neue Storage suchen… ☹

Sonst läuft aber alles glatt und nach einem «Begrüssungssteak» im Montana Meat Co. Verbringen wir die Nacht auf 1’500 m am Mount Charleston, direkt an der Schneegrenze

 

Via Tecopa Hot Springs nach Quartzsite, AZ

Es ist aber nicht nur hier auf dem Berg ungemütlich kalt, sondern auch in Las Vegas, so dass wir uns am nächsten Tag wieder auf den Weg machen. Das Saline Valley lassen wir aus, weil wir uns nicht einschneien lassen möchten, doch heisse Quellen müssen schon noch sein! Nachdem wir unseren Freund Mark und seine liebe Schwester Karen in Pahrump besucht haben, verbringen wir zwei Nächte auf dem Campground in Tecopa Hot Springs. Zum Glück ist das Wasser in den geschlechtergetrennten Badehäusern schön heiss, denn die Luft ist eisig kalt! Ausserdem frischt der Wind immer mehr auf und wächst sich zu einem veritablen Sturm aus. Der alkalische Sand, der die Umgebung bedeckt, wirbelt über die Ebene und wir beschliessen nach zwei Nächten, weiterzufahren. Am Morgen unserer Abfahrt stürmt es so stark, dass ich nicht mal mehr baden gehen kann, da das aus Brettern zusammengezimmerte Badehaus für die Damen aus Sicherheitsgründen gesperrt wird (der Betreiber meint, der Wind blase mit etwa 50 mph / 80 km/h).
In jedem der basins, die wir durchqueren, müssen wir uns durch dichtes «Sandtreiben» kämpfen und streichen deshalb auch gleich den geplanten Stopp in der Mojave Preserve. So macht es einfach keinen Sinn!

Aber wir sind ja sowieso auf dem Weg weiter nach Süden, denn in Quartzsite, AZ treffen sich gerade unsere alten Freunde Bill, Bob, Monty und Deb, Denise sowie Kevin und seine Frau und auch Ben kommt – mit seinem neuen Black Series-Trailer – von Yuma her dazu.

 

Das BLM-Land in Arizona und insbesondere um Quartzsite ist sehr bekannt als Überwinterungsort für Menschen aus dem Norden. So sehr, dass hier das Bureau of Land Management zum Teil spezielle «Long Term Visitor Areas» mit einer gewissen Infrastruktur wie Abfallentsorgung, dumping stations, Wasseranschlüsse und dem gelegentlichen Standard-Beton-Plumpsklo eingerichtet hat (anscheinend wird allein in Quartzsite mit 750’000 bis 1 Million Menschen gerechnet!).
Für nur 180 USD kann man 6 Monate (15. September bis 15. April) bleiben. Für kürzere Aufenthalte gibt es für 40 USD das «short-visit permit», welches uns einen 14-tägigen Aufenthalt in der «La Posa South LTVA» erlaubt, wo unsere Freunde ihr Lager aufgeschlagen haben. (Das permit gilt übrigens nicht nur hier, sondern auch in jeder anderen der Long Term Visitor Areas, die über Südarizona verteilt sind). Zumindest hier ist wieder alles ganz unglaublich gut organisiert – nach Bezahlung kommen gleich einige Freiwillige herangeilt, die an bestimmten Stellen grosse orange, weithin sichtbare permit-Kleber anbringen (damit sie auch überall hinkommen, bringen sie gleich noch Bockleitern mit).
Dank Bills guter Beschreibung finden wir das Camp unserer Freunde bald. Sonst hätten wir keine Chance gehabt – nur in diesem Sektor muss es Tausende, wenn nicht Zehntausende von Fahrzeugen geben, von winzig bis zu riesig, die über das ganze Gebiet verstreut sind. Aktuell sind es sogar noch besonders viele, da gerade «The Tent» stattfindet, eine RV-Messe, wo man einfach alles bekommt (https://www.quartzsitervshow.com/ ). Zusätzlich hat es im Städtchen viele Geschäfte, die auf die im Winter erscheinende mobile Kundschaft spezialisiert sind, so dass dies wohl einer der besten Orte ist, sich auszustatten, wenn man etwas braucht (Monty und Deb ergreifen die Gelegenheit und können hier einen neuen Kühlschrank und Batterie kaufen und dann gleich professionell installieren lassen). Die Gespräche in der Runde drehen sich entsprechend auch oft um Solarzellen, Stromversorgung und Batterien (und ein bisschen StarLink, dessen «Schüsseln» man immer mehr sieht).

Die nächst Woche verbringen wir mit unseren «alten» Freunden und lernen neue Freunde – Mike mit Frau sowie Ron und Pam und Bills Bruder mit dessen Freundin – kennen. Leider ist das Wetter kühl und stürmisch. Wenn die Sonne draussen ist versuchen wir alle, uns im Windschatten eines der Fahrzeuge aufzuhalten, denn die Sonne gäbe so schön warm (und meinen ersten Sonnenbrand…). Teils ist der eisige Wind aber so stark, dass dichte Sand- und Staubschwaden den Aufenthalt im Freien nicht gerade angenehm machen. Immerhin kann ich an ein paar Tagen eine schöne Runde um den Magic Circle, eine grosses «clothing optional»-Areal machen. Der Weg ist an vielen Stellen so gut von Steinen befreit, dass man ihn nicht nur nackt, sondern auch barfuss gehen könnte (wegen der Kälte und des Windes sind die meisten, denen ich begegne allerdings zumindest teilweise bekleidet), und ist streckenweise mit schönen Kunstwerken verschönert.  

An einem Abend kommt uns Kirsi besuchen, die zufällig auch gerade wieder in Quartzsite ist und wir verbringen einen gemütlichen Abend in unserem Häuschen, während draussen der eisige Wind pfeift.

An einem Tag ist es aber doch mal so ruhig und schön, dass wir einen Ausflug in die Umgebung mitmachen können. Bill ist so lieb und leiht uns sein (neues) Side-by-Side und unsere Freunde, die sich hier natürlich super auskennen, zeigen uns (prä-)historische Petroglyphen und Mörser, den «Indian Footprint» (echter Fussabdruck oder Erosion?), wir lernen lokale Umweltkämpfer (mit sehr coolem Rock Crawler) kennen, besuchen die historische Gold Eye Mine (mit «potty lane»), machen Pause am «Deere Run Resort», einem witzigen «Nicht-Ort» mit noch witzigeren Schildern und gucken uns das «Rainbow Acres»-Quartier von Quartzsite an. Es ist ein toller Tag und unsere einzige Gelegenheit, einen kleinen Teil der Umgebung von Quartzsite näher kennenzulernen.

 

Bienvenidos a México!

Nun möchten wir aber endlich in die Wärme! Wir fahren nach Yuma, wo wir uns auf unseren Grenzübertritt auf die Baja California vorbereiten (waschen, einkaufen, Pässe kopieren, Mexikanische Autoversicherung ausdrucken, nochmals bei Panda Express essen 😉) und dürfen dann bei unserem Freund Bill, der schon einige Tage früher nachhause gefahren war, und seiner Partnerin Carolyn übernachten. Bill war auch so lieb und hat einige Amazon-Päckchen für uns entgegengenommen, die wir nicht in den Amazon-Locker schicken lassen konnten (offenbar sind die Amazon-Schliessfächer in Yuma extrem überlastet…).

Am nächsten Morgen verabschieden wir uns von den beiden und fahren auf der I-8 parallel zu Grenze durch die Wüste, die beindruckenden Imperial Sand Dunes (ein rund 65 x 8 km langes System mit über 90 m hohen Dünen) und schliesslich durch endlos scheinende Felder.

Wir haben uns für den Übergang in Mexicali East entschieden. Grundsätzlich eine gute Entscheidung, wie wir feststellen, da man hier gut parken und die Abfertigung (= Formular ausfüllen und bezahlen) an einem Ort erledigen kann. Ausserdem spricht die sehr korrekte, junge Beamtin exzellent Englisch.
Allerdings gibt es dann doch zwei Probleme: erstens wird offenbar das US-Visum ins System eingetragen. Dass jemand zwei Pässe hat (gültiger Pass und abgelaufener Pass mit gültigem US-Visum) ist dabei aber offenbar nicht vorgesehen… Es gibt lange Diskussionen unter den Beamten und Beamtinnen verschiedenen Ranges und schliesslich muss ich ein langes, spanisches Dokument unterschreiben, wobei mir  versichert wird, dass alles in Ordnung sei… Ich habe keine Ahnung, was ich da unterschrieben habe und hoffe einfach, dass dann bei der Ausreise bzw. Einreise in die USA alles klappt… Das zweite Problem ist, dass sich das Computersystem gerade verabschiedet (wegen meines Visum-Chaos???). Wir sind die letzten, die gerade noch «durchkommen»! Der Systemabsturz ist offenbar so gravierend, das der hinter uns inzwischen zu stattlicher Grösse angewachsenen Schlange von Wartenden empfohlen wird, doch stattdessen die Immigration im gut 10 km entfernten Mexicali West durchzuführen…

Wir aber sind nun auf dem Weg Richtung Süden! Mexicali verpasst uns gleich wieder den mexikanischen Verkehrsschock: 4-Way-Stops an fast jeder Kreuzung, Topes (= mehr oder weniger schlimme Temposchwellen), viele Spuren, Fussgänger, Hunde, Verkaufsstände, Autos in allen möglichen Nicht-Zuständen etc. Wir schaffen es aber unfall- und bussenfrei in den Walmart, um uns wieder mit Frischprodukten einzudecken, und dann auf die MEX-5 nach San Felipe. Hier wird es bald ruhiger, nicht nur verkehrstechnisch, sondern auch von der Landschaft her. Trotz der Eintönigkeit ist sie trotzdem irgendwie beeindruckend, führt die Strasse doch durch das flache Colorado River Delta bzw. den Salar, eine riesige Salztonebene, wo aktuell sogar teilweise noch etwas Wasser steht.

Die erste Nacht kommen wir im Club de Pesca RV Park in San Felipe unter, eigentlich eher eine Ansiedlung aus kleinen, aus Backstein gebauten Ferienhäusern, mit einigen, wenigen, sardinenengen Campspots, die alle besetzt sind. Immerhin gibt es – zehn Minuten Fussweg entfernt von Duschen und WC – noch einen Platz am Strand, wo wir für sagenhafte 400 MEX (rund 20 CHF) stehenbleiben dürfen (bezahlen können wir erst am Morgen danach, weil offenbar das Office vor vier Uhr nachmittags nicht nehr besetzt ist…). Überall sind die Spuren des Hurrikans Kay von letztem September sichtbar, der hier grosse Teile des Strandes weggerissen und für hohe Absätze gesorgt hat. 
Wir geniessen die Aussicht aufs Meer und machen die Bekanntschaft von amerikanischen Overlandern (Mike und Diane Loosle, mit Schweizer Vorfahren, und «Runaway Rinaldis» Mike und Klare), die uns netterweise zu sich ans Feuer einladen, wo wir einen schönen Abend zusammen verbringen.

 

Inzwischen haben wir wieder einmal Kontakt mit Jürgen und Gabi und erfahren, dass sie auch gerade in San Felipe sind! Also ziehen wir am nächsten Tag gleich zu ihnen ins Campo Turistico #1 am Nordende der Stadt. Abgesehen davon, dass wir uns freuen, sie wiederzusehen (das letzte Mal war in Alaska), treffen wir zwei nette Kanadier mit Hund und essen die besten Austern EVER, die direkt frisch aus der Bucht vor dem lokalen Restaurant geholt werden. Wir verbringen einige schöne Tage, inklusive Spaziergang nach San Felipe (mit Umweg über die Bäckerei mit vielen feinen Süssteilchen…), und fahren dann weiter, weil es uns hier oben einfach zu kalt wird (Jean hatte mir am Abend sogar ihre beheizte (!) Kuscheldecke geliehen, damit wir noch etwas draussen sitzen konnten).

 

Auf Tuchfühlung mit den Grauwalen in Guerrero Negro

Die seit 2020 ausgebaute MEX 5 führt uns zunächst ein gutes Stück an der Küste entlang. Wir passieren einige Resorts in verschiedenen Stadien des Nicht-, Auf- und Abbaus. Dann biegt die ab Puertecitos neu gebaute Strasse in Richtung Inland ab und wir fahren durch schöne Kakteen- und Felslandschaften und vorbei an blühenden Agaven, bevor wir bei Chapala wieder auf die MEX 1 treffen, auf der wir 2019 in den Süden gefahren waren. Die Küstenebene westlich der Sierra ist noch gleich langweilig wie letztes Mal, dafür wird man – als Gringo – dieses Mal am Landwirtschafts-Checkpoint an der Grenze zur Baja California Sur nur aufgehalten, um 20 MEX bzw. 1 USD zu bezahlen, ohne, dass das Auto kontrolliert oder desinfiziert würde… (der «Beamte» erscheint uns auch eher wie jemand, der sich so ein Auskommen geschaffen hat…).

Bald sind wir in Guerrero Negro, wo wir nicht nur wieder im Restaurant Malarrimo fein essen gehen, sondern auch das erste Wal-Highlight erleben. Dieses Mal sind wir Anfang Februar da und buchen gleich beim Malarrimo Hotel/Campground/Tour-Anbieter eine Exkursion zur Ojos de Liebre-Lagune, wo sich die Grauwale paaren, und ihre Kälber bekommen. Die Wartezeit bis am nächsten Tag vertreibe ich mir damit, endlich unseren grossen Tisch zu reparieren, dessen Gummibänder sich in Alaska in Wohlgefallen aufgelöst hatten (es hat aber auch ein bisschen gedauert, bis Ozy die richtigen Ersatz-Gummibänder und Distanzhalter-Perlen gefunden hatte), und mit einem Spazieregang zur Bäckerei. Nur leider überstehen die etwas fragileren Süssteilchen den Rückweg nicht ganz unbeschadet – die ungepflasterten Nebenstrassen in Guerrero Negro bestehen aus einem salzigen Lehm, dem man schlüpfrige Stellen nicht ansieht…

Am nächsten Morgen geht es los zu den Walen! Die Anlegestelle für das Boot befindet sich auf dem Gelände der «Salzfabrik». Der Unterschied zwischen den Gebäuden und Strassen in der «normalen» Stadt und dem Firmengelände ist eklatant. Dann verlassen wir die Stadt und passieren die in allen möglichen Farben schimmernden Salinen und den grossen Salzberg, bevor es aufs Wasser geht (wir erfahren, dass dieses Salz aus der weltgrössten Saline aus wirtschaftspolitischen Gründen nur als Strassen- und Industriesalz und nur lokal als Speisesalz verwendet werden darf, damit die kleineren Salzwerke im Land keine Konkurrenz haben…).
Wir sind froh, haben wir uns warm angezogen, denn auf der Lagune ist es kalt und windig. Unser Kapitän spricht leider praktisch kein Wort (weder englisch noch spanisch). Zum Glück haben wir von anderen Reisenden auf dem Campingplatz schon ganz viele Informationen zur Tour und dem Verhalten der Wale bekommen. Wir sind jedoch trotzdem froh, dass wir ihn haben, denn er ist ein super Bootsführer, der dafür sorgt, dass das Boot nicht so schlägt (und auf dem Heimweg ganz geschickt, die Welle unseres «Vor-Fahrers» reitet, der anständig durchgerüttelt wird), so dass die Fahrt hinaus auf die wellige Lagune ganz angenehm ist.
Bald sehen wir die ersten Wale blasen! Wir fahren in die Nähe mehrere Dreier-Paare, die mit ihrem «Hochzeitstanz» beschäftig sind – es ist wunderschön, mitanzusehen, wie diese grauen Riesen um einander schwimmen und sich mit ihren Brustflossen berühren. Auch den einen oder anderen «Pink Floyd» bekommen wir zu sehen, wenn ein Männchen sich an der Oberfläche auf den Rücken legt. Zwischendurch sind wir fast von Walen umringt und haben schliesslich das Glück, dass eine Gruppe beginnt, sich für unser Boot zu interessieren. Sie kommen ganz nahe, schwimmen unter dem Boot durch, stupsen es an und strecken mehrmals den Kopf aus dem Wasser und duschen uns mit ihrem Blas. Einer kommt so nahe, dass Ozy ihn berühren kann (ich halte mich ein bisschen zurück, denn ich habe das ungute Gefühl, dass das Boot jetzt dann gleich kentert, wenn ich auch noch auf diese Seite gehe…). Es ist einfach ein wunderbares Erlebnis und die Zeit vergeht wie im Flug!

 

Loreto

Unser nächster Stopp ist Loreto, mit 413 km für uns eine lange Fahretappe. Sie verläuft durch das Biosphärenreservat El Vizcaíno, zu dem auch die Wal-Lagune Ojo de Liebre gehört, und vorbei an San Ignacio wieder quer über die Baja-Halbinsel. Auf der Ostseite führt die Strasse steil und in zahlreichen Kurven über die Cuesta del Infierno hinab ans Meer. Und genau jetzt, wo wir sie gebraucht hätten, beschliesst unsere Motorbremse zu streiken! Mist! Doch Ozy kommt auch so souverän unten an und wir folgen der Küste entlang des Mar de Cortés und der wie immer wunderschönen Bahía Concepción.

Auf dem Campground Rivera del Mar erwarten uns schon unsere Freunde Pat und Harvey, die wir vor drei Jahren hier kennengelernt hatten und letztes Jahr auf dem Rückweg von Alaska besucht hatten. Sie waren so lieb und haben uns einen Platz reserviert, denn Yolanda, die Betreiberin, ist fast komplett ausgebucht. Ständig kommen und gehen sogenannte «Karawanen», mehr oder weniger organisierte Gruppen von zusammenfahrenden amerikanischen oder kanadischen RVs.

Wir freuen uns sehr, die beiden wiederzutreffen und verbringen eine schöne Zeit mit ihnen. Harvey mixt uns superpotente Margaritas, wir gehen zusammen essen und einkaufen und Pam bringt uns auf den neuesten Stand, was die Vorkommnisse auf dem Campground und in Loreto betrifft.

 

Bald lernen wir auch Valentin und Nadia kennen. Sie sind aus der Schweiz und ein Jahr mit einem in Kanada gekauften Pickup-Camper unterwegs. Wir machen gemeinsam einen Ausflug in den wunderschönen Cañón Tabor, der dank Valentins Kakteen-Begeisterung und -Kenntnissen noch spannender wird. Die vielen durchs Wandern verbrannten Kalorien müssen natürlich aufgefüllt werden und wir geniessen auf derr Rückfahrt im «Clam Shack» eine Auswahl an Gerichten mit Fisch und Meeresfrüchten (leider keine lokalen Chocolate-Muscheln). Bevor die beiden abfahren verbringen wir einen denkwürdigen Abschiedsabend im nahegelegenen Casa Carmen-Restaurant, wo wir nicht nur von zwei (teils sehr verstimmten…) Musikern besungen werden, sondern Valentin das Fischfilet «Diabla» bestellt – und ganz heroisch, buchstäblich unter Tränen inklusive Sauce aufisst!

 

Blauwal-Watching in Loreto

Nachdem Nadine und Valentin und Freundinnen von Pam ganz begeistert von der Blauwal-Tour zurückkommen, beschliessen wir, ebenfalls unser Glück zu versuchen. Loreto ist einer der wenigen Orte, wo man zur richtigen Zeit in relativer Nähe zum Ufer dieses «mit einer Körperlänge von bis zu 33 Metern und einer Körpermasse von bis zu 200 Tonnen» und damit «eines der größten und das schwerste bekannte Tier der Erdgeschichte» sehen kann (Zitat aus Wikipedia).
Der Anfang der Tour ist nicht besonders erfreulich: zunächst wissen wir nicht, wo unsere Gruppe bzw. unser Boot ist. Wir laufen am Hafen fünf Mal vom Leuchtturm (angeblicher Treffpunkt) zur Wal-Statue und wieder zurück. Jemand hat dann Mitleid und ruft unseren Touranbieter an, welcher tatsächlich einen Repräsentanten schickt, der uns dann an einen Herrn weiterreicht, der uns wiederum einer Dame übergibt, die nochmals mit uns hin und herläuft. Schliesslich werden wir dann doch noch zu einem Boot geführt, wo uns ein Ire namens David, seines Zeichens wohl Meeresbiologe oder so, begrüsst. Uff! Wenig später legt das Boot ab und wir fahren gut 40 km zur Danzante Bay, wo wir ein Paar vom dortigen Resort abholen. Die Bucht ist flach und der Wind bläst das Boot gegen den Strand, so dass wir erst mal festsitzen. Dank Mithilfe der beiden, die dann kaum wieder ins Boot kommen, schaffen wir es dann aber doch noch ins tiefere Wasser. Jetzt kann die eigentliche Tour beginnen! Wir sind froh, dass wir uns warm angezogen haben, denn bereits auf dem Weg hierher war es empfindlich kalt. Als wir aus dem Windschatten der Küste kommen, wird der Wind noch stärker und eisiger. Einige Teilnehmer sind nur mit T-Shirt, Shorts und Flipflops bekleidet und wickeln sich verzweifelt in alle verfügbaren Badetücher und Leih-Textilien. Die Tourboote stehen mit Funk untereinander in Verbindung und deshalb bringt uns unser Kapitän zielstrebig auf die Ostseite der Isla Carmen. Bald sehen wir einen Buckelwal, der jedoch schnell ab- und irgendwie auch nie wieder auftaucht…

Endlich ein Blas eines Blauwals! Der Kapitän dreht voll auf und als wir in die Nähe kommen, sehen wir gerade noch kurz die enorme Schwanzflosse des Wals! Wir erfahren von David, dass das – zumindest bei Blauwalen – nichts mit der anvisierten Tauchtiefe, sondern eher mit «Schwimmstil» zu tun hat: Ein Wal zeigt die Fluke immer, ein anderer nie.
Den Rest der dann etwa fünfstündigen Walbeobachtung läuft immer etwa ähnlich ab: alle gucken auf dem dümpelnden Boot angestrengt in alle Richtungen (die Abtauchrichtung des Wals hat nichts zu bedeuten), bis jemand einen Blas entdeckt, dann rast der Kapitän dorthin und je nachdem, wie weit der Blas weg war, bekommt man noch einen bis mehrere der meist etwa vier Auftaucher zum Luftholen aus der Nähe zu sehen. Die Wale sind zu gross, um weit aus dem Wasser zu kommen, dennoch ist es beeindruckend, wie lange es dauert, bis sich das dunkel blau-graue Tier vom Blasloch bis zur im Vergleich winzigen Rückenflosse durch das Wasser «geschoben» hat (eine Fluke sehen wir leider nicht mehr); wir haben manchmal fast einen Eindruck wie bei einem sich langsam (und lautlos) bewegenden Güterwagen. Beim beim letzten Malwird der Rücken zum Abtauchen stärker gekrümmt und zurück bleibt dann der «Fussabdruck», eine im welligen Meer glatt erscheinende ovale Fläche, die vom Sog durch seine Grosse Masse verursacht wird.
Die Wale sind hier relativ konstant in ihrer Tauchzeit und nach etwa 8-12 Minuten wiederholt sich der Vorgang. Da es eine Blauwal-Tour ist, wird die Schule von etwa hundert Delphinen, die etwas weiter draussen zu erkennen ist, ignoriert.

Auch hier vergeht die Zeit wie im Flug und es ist Zeit, wieder nach Loreto zurückzukehren.
Nachdem wir das Paar wieder bei ihrem Resort abgeladen haben, kommen wir nach insgesamt sieben Stunden wieder in Loreto an (der erste Gang aller Teilnehmer ist zur Toilette…).
Es war toll, diese sich selten in Küstennähe aufhaltenden Tiere zu sehen. Allerdings waren wir nach unserem (Grau-)Wal-Nah-Erlebnis vor relativ kurzer Zeit etwas weniger beeindruckt, als wir es sonst sicher gewesen wären.

 

Schweizer Reisefreunde-Treffen in La Paz

Nach diesem schönen Erlebnis bleiben wir noch zwei Tage in Loreto und fahren dann nach La Paz, wo wir uns wieder mit unseren Reisefreunden Sibylle und Hermann treffen wollen (das letzte Mal hatten wir im Herbst in Dawson City einige Tage miteinander verbracht). Sie sind schon länger hier und kennen all die schönen Orte auf der Baja. Wir werden die nächsten rund zwei Wochen zusammen reisen und dank Ihnen sozusagen ein «best of southern Baja» erleben dürfen (wir waren im 2019/20 ja nur bis Agua Verde gekommen). Als wir auf dem Campestre Maranatha, wo uns die beiden netterweise einen Platz reserviert haben, ankommen (auch hier ist es wegen des am Wochenende stattfindenden Carnevals gut voll), erleben wir gleich noch eine freudige Überraschung: da steht nicht nur das «D-Hai» von Annens, sondern auch noch der Duro von den «Dubus» Claudia und Thomas! Was für ein schönes Wiedersehen! – die beiden hatten wir im April 2021 das letzte Mal getroffen.

 

Was wir im Süden der Baja alles erleben und wie es wieder zurück in die USA geht, erfahrt Ihr im nächsten Blog!

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